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Anita und Wolfgang Gramer: Schöner sexen

Die FKK-Bewegung hat zwar immer die Gemüter der Prüden erhitzt, ist dabei aber selbst traditionell auf größte Distanz zu allem Sexuellen bemüht. Aber ist es wirklich nicht möglich, eine natürlichkindliche Körperlust zu genießen und gleichzeitig auch sexuelle Gefühle zu empfinden und auszuleben?
Doch, sagt das Ehepaar Gramer und will die Leser zum Ausziehen anleiten. Das Argument ist simpel, aber überzeugend: Sich mit dem eigenen Körper auseinanderzusetzen und ihn sichtbar zu machen, befreit das Bewusstsein und die Sexualität. Allerdings hilft es dabei sicher, wenn man wie die Autoren überwiegend im warmen Spanien lebt.
Unterstützt von einer Handvoll Mitstreiter berichten die beiden in munterem Plauderton von Nacktpartys und -demos sowie von praktischen Problemen (was tun, wenn angezogener Besuch kommt?) und philosophieren über die Befreiung vom Feigenblatt (dem Symbol, nicht der Zeitschrift). Die Texte wie auch die vielen Fotos vermitteln eine ansteckende Lebensfreude, die einen um so ungeduldiger auf den nächsten Sommer warten lässt.

Am 11. März 2010 von Herbert Braun · Kategorien : Sachbücher


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Javier Tomeo: Die Silikonliebhaber

Zwischen Basilio und Lupercia, die gemeinsam ein Dessous-Geschäft betreiben, läuft sexuell schon seit Jahren nichts mehr. Deshalb kaufen sich beide Liebespuppen. Doch „Marilyn“ und „Big John“ sind ihren Besitzern nicht nur mit außerordentlichen Silikon-Körperteilen zu Diensten, sondern auch mit Anekdoten, Gesprächen und Opernarien. Die Situation eskaliert, als die beiden eine Affäre beginnen …
Es ist eine grotesk übersexualisierte Welt, in die Tomeo den Leser führt, eine Welt, in der Moderatoren von Sex-Quizshows mit dem Zuschauer über sein Intimleben plaudern und Flugblätter durchschnittliche Penislängen bekanntgeben. Vor diesem schrillen Hintergrund setzt sich das alternde Paar um so trister ab.
Tomeo hat diese launige Geschichte in eine Rahmenhandlung gepackt, die das Geschehen kritisch und pseudo-sachverständig kommentiert – ein amüsantes Spiel mit Fiktion, aber auch ein Zeichen, dass er der Tragkraft seiner Erzählung misstraut. Wer bereit ist, sich der freien Phantasie eines souveränen Erzählers anzuvertrauen, wird bei Tomeo bittersüßes Lesevergnügen finden.

Am 20. Dezember 2009 von Herbert Braun · Kategorien : Literatur


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Guido Eckert: Zickensklaven. Wenn Männer zu sehr lieben

„Zicke“ hat im Zeitalter des Popfeminismus eine recht positive Bedeutung bekommen. Hier geht es aber nicht um selbstbewusste Kämpferinnen, sondern um Frauen mit narzisstischer Störung, die unentwegt nach Liebe und Bewunderung gieren, ohne selbst etwas dafür zurückzugeben. Trotz seines etwas reißerischen Titels versteht sich das Buch nicht als Anklageschrift, sondern als Ratgeber für die Opfer solcher Frauen.
Ganz unparteiisch geht es nicht ab, denn das Buch widmet sich den Beweggründen und Marotten der „Zicken“ viel ausführlicher als den Motiven der Männer, jahrelang freiwillig unter ihnen zu leiden. In der Wiederholung werden die Zicken immer mehr zum menschenfressenden Monster, zum Klischee. Eckert verlässt sich sehr auf seine beachtlichen schreiberischen Qualitäten, statt mit mehr Fallbeispielen und genauerem Hinschauen deren Unterschiede zu nuancieren. Aber es geht hier ja nicht um Objektivität, sondern um erste Hilfe für ratgeberresistente Männer. Und beim Verarbeiten und Verstehen einschlägiger Erlebnisse ist das Buch ebenso hilfreich wie bei der Warnung vor künftigen.

Am 11. Dezember 2009 von Herbert Braun · Kategorien : Sachbücher


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Cornelia Jönsson: Lust auf Schmerz

Über Sadomasochismus wurde in den letzten Jahren immer mehr berichtet. Doch was für Menschen wirklich dahinter stehen, was sie beschäftigt oder wie sie SM leben, erfährt man eher selten. Cornelia Jönsson lässt in ihrem Buch 33 ganz unterschiedliche Frauen erzählen, wie sie ihre sadomasochistischen Neigungen entdeckt haben und wie es ihnen mit dieser Entdeckung ergangen ist.
Besonders interessant ist die Bandbreite der im Buch porträtierten Frauen. Von Neueinsteigerinnen bis hin zu Frauen, die SM schon seit Jahren leben, von jung bis alt, von hetero- bis homosexuell, von devot bis dominant, von monogam bis polygam: Jede Beziehungsform ist in diesem Buch vertreten. Und das macht es so wertvoll.
Für diejenigen, die gerade ihre Lust an Schmerz und Unterwerfung kennen lernen, ist dieses Buch eine sinnvolle Unterstützung, wenn sie von sich und von diesen dunklen Gelüsten überrascht sind oder darüber erschrecken. Für alle Neugierigen stellt das Buch sehr anschaulich dar, wie vielfältig die Frauen doch sind, die ihre Lust auf Schmerz entdeckt haben.

Am 11. Dezember 2009 von Anja Braun · Kategorien : Sachbücher


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Barbara Carrellas: Alltägliche Ekstase. Tantra-Rituale für alle Leidenschaften

Beim Begriff „Tantra“ drängen sich Assoziationen von langen Bärten, Wallegewändern und indischen Tempelgesängen auf. Weniger weltfremd präsentiert sich Barbara Carrellas‘ Werk, das im US-Original treffender „Urban Tantra“ heißt. „Alltägliche Ekstase“ ist weniger als Ratgeber gedacht, sondern eher als eine Art Tantra-Anleitung für die Coffee-to-Go-Generation. Leicht umsetzbare Tipps, die auch in einen vollgestopften Terminkalender passen, sollen den sexuellen Horizont des Lesers erweitern.
Die Autorin, eine Mitstreiterin der Sex-Aktivistin Annie Sprinkle, bleibt stets witzig und selbstironisch – etwa wenn sie empfiehlt, die optimale Berührungsintensität an seinem Haustier zu ermitteln („Wenn du es richtig machst, streichen sie um dich herum und betteln nach mehr!“).
Ob sich mit dem Ratgeber Orgasmen auf offener Straße beim Spazierengehen (wie die Autorin berichtet) erzielen lassen, konnte in der kurzen Recherchezeit des Feigenblatt-Teams nicht ermittelt werden – Wortwitz und kreative Ideen machen das Werk auf jeden Fall zur amüsanten Lektüre.

Am 11. Dezember 2009 von Theresa Lachner · Kategorien : Sachbücher


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Hans-Joachim Maaz: Die neue Lustschule

Der Titel klingt fast so, als gäbe es hier wieder einmal neue Sextechniken zu lernen, doch zum Glück ist das nicht so. Hans-Joachim Maaz ist Psychiater und Psychoanalytiker mit jahrzehntelanger Erfahrung im Bereich Sexualtherapie. Ihm geht es nicht darum, neue Praktiken zu vermitteln, sondern vielmehr darum, eine neue Lust- und Beziehungskultur zu erschaffen.
Maaz hat häufig in seiner Arbeit erlebt, dass Menschen trotz aller Aufklärung immer noch von Scham und Schuld in ihrer Lustfähigkeit eingeschränkt sind. In seinem Buch reflektiert er die psychologischen Befindlichkeiten hinter den Luststörungen und wie diese Grenzen überwunden werden können. Er analysiert mit therapeutischem Blick, welche Ursachen hinter den Problemen stehen können.
Sein Lösungsansatz ist das erotische Zwiegespräch, das Verhandeln und Reflektieren der eigenen Einstellungen. „Die neue Lustschule“ ist gut geeignet für alle, die sexuelle Probleme wirklich verstehen möchten und die sich vom bisweilen sehr therapeutischen Sprachgebrauch nicht abschrecken lassen.

Am 11. Dezember 2009 von Anja Braun · Kategorien : Sachbücher


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Véronique Vial: Paris Naked

Véronique Vial ist vor allem für ihre intimen „Portraits before 10 AM“ berühmt, auf denen sie verschlafenen Prominenten mit der Kamera erstaunlich nahe kommt. In ihrem neuen Bildband „Paris Naked“ thematisiert Vial nun das genaue Gegenteil: Eine sehnige Frau räkelt sich, nur mit Stiefeletten und Pelzmantel bekleidet, vor der Kulisse des nächtlichen Paris, sie wirkt wie zufällig abgelichtet auf ihrem Streifzug durch die Nacht.
Die Bilder wurden in vier Nächten zwischen September und Dezember 2008 zwischen Montmartre und Montparnasse aufgenommen und zeigen ein rohes Paris jenseits von Postkartenklischees und Amélie- Romantik. Der Kontrast zwischen steinerner Architektur und nacktem Fleisch wirkt reizvoll, doch das Model bleibt Objekt. Zweifelsohne wirkt sie dekorativ in den Raum geworfen, lässt jedoch nie
hinter die Fassade blicken und führt so die eigene Nacktheit ad absurdum.
Erotik basiert auf Distanz, behaupten die Paarpsychologen – doch ein wenig mehr vom verschlafenen Guten-Morgen- Gefühl der „before 10 AM“-Bilder hätten dem Bildband „Paris Naked“ sicherlich gut getan.

Am 11. Dezember 2009 von Theresa Lachner · Kategorien : Bildbände


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Lingerie. Eine illustrierte Geschichte vom Mittelalter bis heute

Eine Korsage in seidigem Pink, eng geschnürt mit einem schwarzen Band – das man aber nicht lösen muss, denn um es zu „entkleiden“, genügt es, das Buch aus diesem dekorativen Schuber herausgleiten zu lassen. Passend zum Thema ist „Lingerie“ ein Augenschmaus, und das nicht nur für Wäscheliebhaber und Fetischisten. Die wunderschönen und mitunter sonderbaren Fotos und Zeichnungen haben viel Platz.
Das geht aber nicht zu Lasten der Texte. „Lingerie“ ist kein Bilderbuch, sondern erzählt die Geschichte der verführerischen weiblichen Unterwäsche vom Mittelalter bis zur Gegenwart. Darüber dürfte kaum jemand so viel wissen wie Anne Zazzo, denn als Abteilungsleiterin im Modemuseum Paris und als Dozentin an der Ecole du Louvre kennt sie die Hersteller und die zeitgenössischen Debatten und kann die geheimen Botschaften in den Schnitten und Stoffen entschlüsseln. Leider liest sich das manchmal etwas holprig, was wohl auch mit der Übersetzung zu tun hat. Abgesehen davon erfreut dieses Buch gleichermaßen beim Blättern wie beim Lesen.

Am 11. Dezember 2009 von Herbert Braun · Kategorien : Bildbände


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Rankin’s Cheeky

Wer nach Beweisen sucht, dass Rankin in der ersten Liga der Aktfotografen angekommen ist, muss nur die Vorworte dieses Buches aufschlagen – die stammen nämlich von Playboy-Chef Hugh Hefner und Heidi Klum, in deren „Topmodel“-Sendung viele diesen britischen Fotografen zum ersten Mal gesehen haben dürften.
Der doppeldeutige Titel meint keine Po-Fixierung: „Rankin ist frech“, kann er auch bedeuten, und verspielt und fantasievoll sind diese Fotos allemal. Eine Polizeimütze, eine Banane oder eine Krawatte werden zu frivolen Requisiten, und die versammelten Supermodel-Schönheiten scheinen dabei ihren Spaß zu haben. Rankins Kamera fängt Nahaufnahmen aus ungewohnter Perspektive und originelle Posenbilder mit Glamour-Anstrich ein – meist vor neutralem Hintergrund, aber auch die Natur oder plüschige Hotelzimmer dienen als Kulisse.
Bei aller Zwanglosigkeit geht es hier nicht um Natürlichkeit. Das Chaos ist gebändigt, die Frauen wirken perfekt wie aus einer anderen Welt. Dass Rankin sein Geld als Werbe- und Modefotograf verdient, ist unübersehbar – aber auch, dass er zu den kreativsten Köpfen seiner Branche zählt.

Am 11. Dezember 2009 von Herbert Braun · Kategorien : Bildbände


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Nick Cave: Der Tod des Bunny Munro

Nick Cave ist als Musiker schon immer Literat gewesen. Auf Alben, die Titel wie „Mordballaden“ oder „Der Erstgeborene ist tot“ heißen, erzählt er Geschichten von Sünde, Reue und Strafe, Tragödien über Aussätzige und Heilige. Zwanzig Jahre nach seinem Buch-Erstling „Und die Eselin sah den Engel“ hat Cave wieder einen Roman geschrieben.
Bunny Munro (eine Referenz an John Updikes „Rabbit“?), ein Vertreter für Schönheitscremes, hat den Dämon im Leib. Wenn er eine Frau sieht, und sei sie auch hässlich, alt oder verheiratet, muss er sie haben. Noch als er seine eigene Ehefrau zuhause erhängt auffindet, kann er den Gedanken an ihre schönen, nackten Brüste nicht zur Seite wischen. Nun geht Bunny allein mit seinem neunjährigen Sohn auf Achse – und das Verhängnis nimmt seinen Lauf.
Cave geht es nicht um Psychologie oder Gesellschaftliches, es gibt kein Relativieren und Abwägen: Seine Figuren sind Verdammte, seine Geschichten Mythen, die den Geist des Alten Testaments atmen. Sprachmächtig und mit roher Sinnlichkeit führt er die Leser in seine schroffe Welt hinein.

Am 11. Dezember 2009 von Herbert Braun · Kategorien : Literatur