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Um die Wette lieben

Vor ein paar Wochen hat unser bester Freund Internet einen neuen Lackmustest in Sachen (Zwischen-)Menschlichkeit produziert. Wir erinnern uns: Der Typ in Portland, der zu Bruno Mars „Marry You“ diese großartige Hochzeitsantrag-Performance produziert hat, und damit nicht nur das Weib, sondern auch sieben Millionen Klicks und Props vom Schnulzensänger persönlich bekommen hat.

Danach gab es eigentlich nur eine Frage: hast du geweint? Und wenn nicht, was bist du denn für ein Mensch bitte? Und, hey: klar hab ich geweint! Und zwar nicht nur ein bisschen! Richtig dicke fette Krokodilstränen waren das, die laut aufgeplatscht sind auf dem Schreibtisch. Und das, obwohl ich heiraten noch nicht mal für die weltbeste Idee halte. Aber gegen den Anblick von ein paar stinknormalen Menschen, die ihre Liebe unkonventionell zelebrieren, ist eben kein Kraut gewachsen. Vor allem nicht, weil es echt ist. Weil es jeder/jedem von uns passieren könnte, die Alltagsromantik, die uns hinterrücks in einen Kofferraum wirft und uns zeigt, wo der Bartl den Most holt. Es ist dieser potentielle Realitätsbezug, der uns so verdammt anfällig für die kleinen ganz großen Gesten da draußen auf Youtube macht. Und dann kam das hier:

Und ich hab nicht mehr geweint. Weil mich Menschen aufregen, die aus allem eine Scheiß-Competition machen müssen, größer, lauter, spektakulärer. Besser organisiert. Weil zu viele Kameras dabei sind, die die riesengroßen Gefühle einfangen sollen, denen man nur durch eine noch riesengrößere Inszenierung gerecht werden kann. Was lange Hochzeiten vorbehalten war, soll also jetzt schon beim Antrag passieren. Anstatt uns unter der Bettdecke süße Dinge ins Ohr zu flüstern, wollen wir also Klicks dafür, immer mehr Klicks. Und irgendwann haben wir Facebookfotoalben die „Geilste Ehe des Jahrtausends“ heißen. Ich freu mich schon auf das erste Video, auf dem im Baseballstadium auf Großleinwand inklusive Live-Reaktion verkündet wird: Honey, ich will die Scheidung. Das könnte uns doch allen noch mal so richtig zu Herzen gehen.

Am 25. Juni 2012 von Theresa Lachner · Kategorien : Gedanken


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Girl on Girls

Jede Generation bekommt die Carrie Bradshaw, die sie verdient.

Und wahrscheinlich ist nicht nur mir vergangenen Sonntag ein kleines bisschen Restalkohol hochgekommen, als das Original in Sex and the City 2, inzwischen auf den Großteil seiner Gesichtsmimik verzichtend (wahrscheinlich, um weiterhin von Mr.Big konsequent „Kleines“ genannt werden zu können) in sekündlich wechselnden Outfits desorientiert durch die arabische Wüste gestolpert ist, um ihre „strong female voice“ ausgerechnet in einem muslimischem Buchclub wiederzufinden, in dem gerade ein Wechseljahrsbeschwerden-Bestseller diskutiert wird. In Louis Vuitton unter dem Niquab, selbstredend.

Denn auch, wenn es bestimmt ein paar Jahre ganz gut geklappt hat, uns einzureden, Female Emowerment und all sowas würde am Besten auf arschteuren Zwölf-Zentimeter-Absätzen funktionieren und kann, genau wie Sex, als frei verfügbare Ware in der Boutique umme Ecke konsumiert werden, auch wenn wir vermutlich alle tatsächlich etwas unverblümter über das mit dem Reinstecken plaudern als vor fünfzehn Jahren, wenn Single Girls weltweit sich jetzt nicht mehr für ihren Sexualtrieb schämen, sondern vermutlich eher dafür, dass sie ihn nicht 24/7 mit komplett Fremden ausleben, auch wenn vielleicht dieser und die meisten Texte da weiter unten hier nicht stehen würden, hätte ich das Zeug nicht ab meinem vierzehnten Lebensjahr verschlungen wie eine Ersatzreligion (und, hust, sogar meine Facharbeit im Englischleistungskurs darüber geschrieben) – Sex and the City hat sich selbst abgeschafft.

Denn diese Serie über Frauen, die zum Großteil von schwulen Männern geschrieben wurde und so eine konsumorientierte, mächtige Weiblichkeit in verknöcherten Designerkörpern feiern wollte, ist uns allen viel zu sehr in Fleisch und Blut übergegangen. Frauen, die in hohen Hacken beim obligatorischen Cosmopolitan über Ficken und Schuhe reden? Come on! Wir alle haben die Realität ein paar mal zu oft dabei ertappt, wie sie daran scheitert, die Kunst zu imitieren. Weil Castrop-Rauxel nicht New York ist. Und Deichmann nicht Manolo Blahnik.

Zum Glück hat HBO eine neue Allzweckwaffe gefunden: Lena Dunham. Die 25-Jährige spielt nicht nur die Hauptrolle in Girls, sondern hat die Serie auch geschrieben und von Loser-Comedy-König Judd Apatow produzieren lassen.

Hanna Horvath ist die Sorte Frau, die sich so konsequent selbst sabotiert, dass man sie gleichzeitig lieben und hassen muss – weil sie einem so viel näher steht, mit ihren bekloppten Männergeschichten und ihren prekären Lebensverhältnissen. Besonders glamourös ist das natürlich nicht. Aber das ist die Realität ja generell eher selten.

Ach ja: diverse Jungsfreunde haben mich gefragt, warum sie, „also als Mann jetzt“, sich das ansehen sollten. Mit dem Titel und den ganzen Frauen die da dauernd reden und alles. Gegenfrage: Wer feiert denn seit fünf Staffeln Mad MEN mit euch Altherrenwitze und Christina Hendricks Hüften ab? Wer versucht, (vergeblich, zugegebenermaßen) bei Boardwalk Empire nicht einzunicken, wenn mittelschirche Typen heimlich Schnaps verticken und sich gegenseitig abschießen, während ihre Frauen entweder erzkatholisch oder sexuell aktiv, und somit sowieso geisteskrank sind? Äh, genau. Wie war noch gleich die Frage?


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Lernpornos?

Neulich hat mich Franzi für ihre Diplomarbeit „Meine Lust mach ich mir selbst. Mediale Möglichkeitsräume für eine kontroverse Auseinandersetzung mit selbstbestimmter Sexualität. Historische Blicke. Postmoderne Labore“ interviewt.

In dieser Frage ging es, glaub ich, um den didaktischen Gehalt von Pornographie – ein Thema, das mich nicht erst seit dem Filmsonderheft sehr beschäftigt.

(Klick dann groß. Eh klar.)

Was meint ihr? Kann gute Pornographie einen derartigen „Nachahmereffekt“ erzielen, dass unser sexuelles Bewusstsein sich ein Stück weit wandelt? Inwieweit?
Ist das sogar ihre Aufgabe, oder ist dieser didaktische Anspruch schon wieder sowas von unsexy, dass man ihn gleich wieder fallen lassen sollte?
Kann man zu gutem Sex erziehen? Wieviel Realismus braucht gute Pornographie?
Und wie muss ein Porno gemacht sein, der mehr als die reine Triebebene anspricht?

Am 5. April 2012 von Theresa Lachner · Kategorien : Pornös


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Feigenblatt auf der…April, April

Lügen ist der größte Spaß, den ein Mädchen haben kann, ohne sich auszuziehen – wobei sich danach quälend langsam entblättern zu lassen wirklich auch nicht schadet, würd ich jetzt mal so in den Raum stellen.

April, April, Lovers – am Wochenende gab´s gar keine Erotikmesse in München. Aber falls ihr mal ein gutes Date haben wollt, empfehle ich einen Typen, der auf Fotos wahlweise aussieht wie Walter White oder ein kasachischer Folterbaron – respektive eine Oide, die auch mit dem kurz ausgeborgten Guppyzüchter-Award 1999 spontan ihre (eh schon seit Jahren einstudierte) Pullitzerpreisverleihungsdankesrede inklusive ergriffenem Blick runterspulen kann. Vielleicht kommt diese Ergriffenheit auch aus der tief verankerten Überzeugung, dass wir einen Serious Entertainment X-Rated – Award für die wahrheitsgetreueste Darstellung sexueller Lust , wenn es ihn denn tatsächlich gäbe, über alle Maßen verdient hätten – also meistens zumindest…

Denn preisgekrönte Muschis gab es tatsächlich jede Menge am Samstag – nur halt anders, irgendwie.

heisse-mieze

In Echt waren Assistent Benjamin und ich übrigens auf der Heimtiermesse – und selber überrascht, wie sehr sich Sextoys und Hundekauknochen manchmal ähneln können…

Das hier befüllt man übrigens mit Leckerlis und rollt es dann rum, oder so – wir mussten es selber erst googeln. Und don´t try this at home – außer zum Aquariumklimawandel.

 

 

 

 

 

Ansonsten bekommt man auch auf einer Heimtiermesse alles für die fröhliche Schwanzjagd – und auch dieses Hundebeutewurfdingsda ließe sich garantiert noch irgendwie kreativ weiterverwenden. Hiermit macht man die Miezen scharf, true story.

 

Und die Moral von der Geschicht?

 

 

 

 

Sex ist überall. Und wir sind alle Tiere. Manche von uns sind halt domestizierter als andere.


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Feigenblatt auf der Erotikmesse München

München und Erotik sind ja normalerweise keine Begriffe, die man unmittelbar miteinander verknüpfen würde. Dass das auch anders geht, zeigte sich dieses Wochenende auf der Münchner Erotikmesse, zu der das Feigenblatt exklusiv eingeladen war.

Neben innovativem Spielzeug hebt sich die Messe besonders durch ihren bislang einzigartigen Nasszonenbereich hervor. Zunächst jedoch sahen mein charmanter Assistent Benjamin und ich uns in der Soft-SM-Area um.

Dieser Federbausch beispielsweise erweist sich auch in härteren Spielarten als durchaus robust, ebenso wie diese hochwertig verarbeiteten Lederaccessoires.

 

 

 

 

 

 

 

 

Alle, die mit Teabagging mehr verbinden als Earl Grey oder Gunpowder, werden den Monster Ball lieben lernen:

 

 

 

 

Ob dieser Lateinamerika-Export unseren Freunden von SelfDelve ernsthaft Konkurrenz machen wird, wagen wir allerdings zu bezweifeln:

 

 

 

 

 

 

Bringen diese Unterdruckpumpen eigentlich wirklich was? Sachdienliche Hinweise werden entgegen genommen:

 

 

 

 

Mit diesem Gagball hat Assistent Benjamin den Mund allerdings etwas zu voll genommen.

 

 

 

 

War es in Wirklichkeit nicht Gräfenberg, der den G-Punkt fand, sondern Gallileo? Der Explorer verspricht jedenfalls die Entdeckung ungeahnter Höhepunkte.

Um die Ecke gedacht haben auch die Entwickler des Elbow: die Weiterentwicklung eines klassischen Fleshlight soll eine leichte Biegung zur Maximierung der weiblichen Lust antrainieren. Assistent Benjamin bleibt da allerdings skeptisch.

Dann allerdings kam für das Feigenblatt der ganz große Augenblick: es gab viele Fische im Teich in der Jagd um den Hauptgewinn, den Preis für die wahrheitsgetreueste Darstellung sexueller Lust, doch nur einer konnte gewinnen:

Das Feigenblatt ist der Gewinner des S.E.X. (Serious Entertainment X-Rated) – Awards 2012! Wir freuen uns über diese riesige Ehre und feiern den Sieg nun bei einem guten Glas Wein (und diversen Rezensionsexemplaren) hier in München – wo man anscheinend doch Wert auf stilvolle Erotik zu legen scheint….


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Doing Orgasm

Soll noch einer behaupten, Uni hätte nichts mit dem echten Leben zu tun – ich hatte eben bei der Literaturrecherche für meine Diplomarbeit einen Lachanfall, für den es von den anderen Bibliotheksgespenstern ganz böse Blicke gab. Viel Spaß mit dem Best of Doing Orgasm – wer sich nicht wiederfindet, werfe den ersten Stein.

Die gesellschafltichen Definitionen des männlichen und weiblichen Orgasmus haben ganz reale Konsequenzen für alltäglich heterosexuelle Praxen. Da weibliche Orgasmen als nicht ´offensichtlich´ gelten, sind Frauen zur spektakulären, geräuschvollen Zurschaustellung ihrer Orgasmen aufgefordert (Potts 2000; Roberts et al. 1995). Da der Orgasmus zudem als ´Höhepunkt´ des sexuellen Erlebens verstanden wird, ist seine Abwesenheit gleichbedeutend mit einem gescheiterten oder unvollständigen sexuellen Erlebnis, das sein eigentliches Ziel verfehlt hat. Der Orgasmus des Mannes gilt beim heterosexuellen Geschlechtsverkehr als quasi unvermeidbar, während der Orgasmus der Frau dem Mann Arbeit und Kompetenz abverlangt; entsprechend bestätigt eine spektakuläre Orgasmusdarstellung der Frau das sexuelle Können ihres Partners.

„Dass Lautstärke unabdingbar ist (…) weist darauf hin, dass Heterosexualität hier zu einer Ökonomie wird, in der der Orgasmus der Frau gegen die Arbeit des Mannes getauscht wird.“ (Roberts et al. 1995; vgl. auch Jackson/Scott 2007) Der fehlende Orgasmus der Frau kann ein Zeichen ihres eigenen sexuellen Erfahrens, aber auch ein Hinweis auf die mangelhafte Technik ihres Partners sein. Daraus erklärt sich der Druck auf die Frau, den Mann zu bestätigen, Beweise für ihren Orgasmus vorzubringen oder ihn, falls notwendig, vorzutäuschen. Auch hier wird ersichtlich, wie sexuelle Aktivitäten in die alltägliche Sozialität eingebettet sind: Die Bestätigung, die Frauen ihren Partnern zukommen lassen, ist Teil der „Gefühlsarbeit“, mit der heterosexuelle Beziehungen aufrechterhalten werden (vgl. Duncombe/Marsden 1993; 1996), und fügen sich in die allgemeine Erwartung an Frauen, „Egos zu streicheln und Wunder zu pflegen“ (Bartky 1990).

Hier lassen sich mehrere Paradoxa diagnostizieren. Der männliche Leistungsethos verlangt danach, dass Frauen ihre Orgasmen überzeugend darstellen; die Vorstellung von Frauen als passive Empfängerinnen männlichen Könnens fordert Frauen ab, „ihr Hirn aktiv zu gebrauchen, um den Körper (das Körper-Sein) performen zu können“ (Roberts et al. 1995: 530); die `Wertschätzung´, die eine Frau (S.119) der sexuellen Arbeit des Mannes zukommen lässt, bedarf einer erheblichen Megne emotionaler Arbeit, damit eine authentisch erscheinende Performance hingelegt werden kann, die das Können des Partners angemessen bestätigt.

Als Zuckerl gibts dann sogar noch ein paar handfeste Tips aus der Praxis:

Im Umgang mit diesen Paradoxa muss ein ebenfalls erhebliches Maß an Interpretationsarbeit geleistet werden. Frauen müssen die Reaktion ihrer männlichen Partner verstehen, und eine ausgefeilte Orgasmusdarstellung hinlegen. Wie Robert et al. Zeigen, wird eine zu theatralische und extravagante Zurschaustellung nämlich leicht als Simulation enttarnt; subtilere Performances sind überzeugender. Roberts et al. Äußern auch die Vermutung, dass Frauen Expertinnen auf dem Feld der Täuschung sind: Die meisten Frauen in ihrem Sample gaben zu, dass sie gelegentlich Orgasmen vorgetäuscht hatten, aber nur wenige der befragten Männer glaubten, bereits Sex mit einer Partnerin gehabt zu haben, die ihnen einen Orgasmus vorspielte.

„Doing Orgasm“ in: Jackson, Stevi und Scott, Sue: Putting the Interaction back in to Sex. Für eine interpretative Soziologie der verkörperten Lust. zitiert nach: Keller, Reiner und Meuser, Michael (Hrsg.): Körperwissen. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Springer Fachmedien Wiesbaden 2011

Am 15. März 2012 von Theresa Lachner · Kategorien : Fundstücke


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Kater/innenStimmung

Ich hatte viel vor mit euch vergangenen Donnerstag. Mein Text zum Weltfrauentag war schon zu 80% fertig und zu 90 % super – durchrecherchiert und gespickt mit unnützem Wissen, Zitaten von Caitlin Moran bis Stéphane Hessel, wütend aber versöhnlich, mit dem Ohr fürs Detail, mit der Totalen im Blick.
Ich war also bester Dinge, und Facebook hat mich gefreut wie schon länger nicht mehr – es war alles sehr viel rotziger als sonst, so superfein, dass ich sogar an Hey Mädels! DAS ist für euch!!!!-Bildern von kahlbrüstigen Fleischereifachangestellten und den allüberall DEN Feminismus und DIE Frau repräsentierenwollenden Pinktönen weniger Anstoß genommen habe als vielleicht nötig.

Nach ein paar Stunden ploppte in meinem Newsfeed die Frage auf, die ich mir selber irgendwann stellen musste: Warum machen wir das eigentlich nicht öfter? Wieso gibt es hier nicht auch an anderen Tagen so viele so genannte Frauenthemen? Mit derselben Inbrunst. Das wär doch mal ein Vorsatz, oder?
Ja J, das wärs. Warum verbringen wir alle nicht mehr Zeit damit, etwas zu feiern, worauf wir stolz sein können, anstatt uns zu vergleichen und niederzumachen? Warum braucht es einen Tag, an dem Themen aufs Parkett gebracht werden, mit denen wir uns auch an ca. 364,25 anderen Tagen pro Jahr rumschlagen müssen, ohne dass es irgendjemanden groß interessiert – wahrscheinlich, weil grad Fußball läuft, oder so?

Auf einmal bin ich mir schäbig vorgekommen. Wie der Typ, der nicht mehr mit seiner Freundin schläft und ihr zum Jahrestag Supermarktpralinen mitbringt. Ich wollte nicht euer Tankstellenblumenstrauß sein, das Trostpflaster für eine Beziehung die schon länger mehr oder weniger scheiße läuft, ohne dass jemand es ansprechen oder irgendwas dagegen tun würde.
Wie in jeder Beziehung, in der man Dinge niederschweigen muss um irgendwie noch ein bisschen froh sein zu können, tut es umso mehr weh, sobald sie dann doch mal jemand anspricht – wie in der arte-Doku „Die Herrschaft der Männer“, die ich mir also zur Feier des Weltfrauentags folgerichtig reingezogen hab.

Viel „Spaß“ damit – ich hab danach ein ziemlich volles Glas Sauvignon Blanc in der Badewanne geext. Denn Caitlin Moran hat leider recht:

These days, sexism is a bit like Meryl Streep, in a new film: sometimes you don’t recognise it straightaway. You can be up to 20 minutes in, enjoying all the dinosaurs and the spacefights and the homesick Confederate soldiers, before you go, ‚Oh my God – under the wig! That’s Meryl.‘

Nur weil etwas weniger sichtbar gemacht wird, heißt es nicht, dass es nicht da ist. Und so zucken wir zusammen, wenn wir diesem Sexismus in freier Wildbahn begegnen – sei es in verfahrenen Beziehungen oder in öffentlichen Debatten.

Auf den ersten Blick betrifft Pro-Quote nur einen kleinen Ausschnitt der Bevölkerung, dem auch ich zufällig angehöre: Frauen, die Medien machen. Die etwas reißen wollen in diesem aufregenden Job, sich der Wahrheitssuche verpflichten und gehört werden wollen. Wir sind voller Idealismus, gut ausgebildet, haben schon zwei, drei Themen ganz gut auf den Punkt gebracht – und wir sind angekotzt. Von 360 deutschen Tages- und Wochenzeitungen sind gerade mal zwei Prozent aller Chefredakteure weiblich, und das darf nicht so bleiben. Denn was wir täglich an Medieninhalten ausgewählt, aufbereitet und schlussendlich vorgesetzt bekommen, bestimmt in 98% der Fälle, richtig: ein Mann. Und so braucht es dann so etwas wie einen achten März, bis die Themen, die eben auch noch wichtig wären, plötzlich relevant genug sind. Ansonsten dürfen wir sie uns in fremdsprachigen Medien und „Special Interest“-Blogs gezielt zusammensammeln – und so prägen sie unser Weltbild nur, wenn wir uns von ihnen prägen lassen wollen.

Und genau deswegen ist diese Debatte so wichtig: sie zeigt, wo eben doch nicht alle so cool und aufgeklärt und gleichberechtigt sind, wie sie sich gern geben. Jan Fleischhauer hat Recht mit seinem Protest gegen den Streichelzoo-Journalismus:

Man kann die Quote moralisch aufladen und zu einer Frage der Gerechtigkeit machen, doch am Ende geht es um Macht. Es spricht für die nach oben drängenden Frauen, dass sie das so offen sagen. In jedem Fall beweisen sie mit ihrem Vorstoß deutlich mehr Schneid als die Männer, die auf den Posten sitzen, um die es jetzt geht. Ich kann die Frauen verstehen, die denken, dass es Zeit für einen Wechsel ist. Sie müssen sich ja nur die geduckten Solidaritätsadressen ihrer Chefs durchlesen, die sonst jede Woche verkünden, wie das Land zu retten sei, und nun ganz eilfertig den Stand ihrer Bemühungen rapportieren. Man wünscht sich fast, einer der Kerle an der Spitze hätte den Mumm zu sagen, warum er die ganze Quotendiskussion für Unsinn hält, das wäre wenigstens eine Position, über die man diskutieren könnte.

Gesagt, getan – Nicht Brüste, sondern Können fordert Alexander Görlach, von Beruf Chef beim European. Puh. Um mal bei Ihrer Rhetorik zu bleiben, Herr Görlach: ist Ihnen da irgendwie ungut der Pimmel auf der Tastatur ausgerutscht? Ich hoffe es für Sie. Ansonsten fällt mir nämlich keine einzig plausible Erklärung dafür ein, dass Sie, von Beruf immerhin Chef, Ihre komplette Argumentation auf einem einigermaßen schwachsinnigen Logikfehler aufbauen.

Es geht nämlich in den Medien darum, die besten Journalisten zu bekommen, nicht die weiblichsten, nicht die ostdeutschsten, nicht die muslimischsten. Es geht nicht um Mitleid, sondern um Qualifikation. „Eigentlich gab es ja zwei Männer, die besser waren als Sie, aber wir nehmen Sie, weil sie eine Frau sind.“ Nun bin ich vielleicht nicht der intimste Kenner der weiblichen Psyche, aber wenn ich eine Frau wäre – ich bin übrigens mindestens genauso gerne ein Mann wie ich Chefredakteur von The European bin –, wäre das die krasseste Abwertung, die ich mir vorstellen könnte. Nicht Brüste, sondern Können. Darum soll es gehen.

Haben Sie sich schon mal auf einen Job beworben, Herr Görlach, oder wurde einer wie Sie bereits als Chef geboren? Wahrscheinlich zweiteres, denn sonst wäre Ihnen unter Umständen unter der einen oder anderen Stellenausschreibung mal eine Phrase wie diese begegnet:

Bei gleicher Qualifikation werden Bewerber mit [beliebige Randgruppe hier einfügen] bevorzugt behandelt.

Da steht nicht „Brüste vor!“ oder „Behinderte an die Macht!“, Herr Görlach. Sondern lediglich, dass, wenn zwei genau gleichviel können, derjenige bevorzugt wird, der es anderswo vielleicht nicht würde. Weil er vielleicht Ausländer ist. Körperbehindert. Ostdeutscher. Oder schlimmer noch: eine Frau.
Da könnte ja jeder kommen, denkt sich auch ein besonders gewitzter Kollege aus der Schweiz. Und wer will dann als nächstes Chef werden? Haustiere? Kinder?

In wenigstens einem Punkt sind wir uns einig, Herr Görlach: auch ich finde es beschissen, dass es so etwas wie diese Initiative überhaupt geben muss. Dass es Mechanismen gibt, die verhindern, dass sich ganz von allein ein realistisches Abbild unserer Gesellschaft auf die Medienlandschaft überträgt.

Denn wir, no offense liebe körperlich eingeschränkten ostdeutschen Migranten, sind keine Randgruppe. Wir sind die Hälfte der Weltbevölkerung.

Wir, das sind die, die euch zur Welt gebracht haben. Die euch im Arm halten, wenn besagte Welt heut wieder ein Arschloch war. Wir, das sind die, die es euch besorgen, bis ihr den eigenen Namen im Personalausweis nachschlagen müsst. Wir, das sind die, die eure Kinder zur Welt bringen. Nebenberuflich. Wir sind die, die all das gebacken kriegen und oft genug lächeln dabei. Weil wir es lieben, all diese Dinge zu tun. Genausosehr, wie wir es lieben, Chef zu sein. Alles was wir dafür wollen, ist das, was uns ohnehin längst zusteht: Gerechtigkeit.


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SHAME

Zugegebenermaßen bin ich da ja vielleicht mal wieder die grundsätzlich falsche Ansprechpartnerin: die Faszination Fassbender hat sich mir noch nie ganz erschlossen. Dieser Missing Link der Evolution zwischen Jürgen Milski und Ewan McGregor ließ mich von Anfang an kalt, und daran ändert sich auch jetzt nichts.

Auch wenn er den kleinen Michl auf Großleinwand vor mir hin- und herschwenkt und sein Gesicht knietief im Popo seiner Thaimasssasch-Expertin vergräbt, regt sich da bei mir genau: nix. Aber ich glaube, das soll so.

Denn Brandon, Fassbenders Charakter im vielgepriesenen SHAME, ist keiner, der einem ans Herz wächst oder irgendwann doch noch sympathisch wird. Er ist ein Getriebener, ein hochzivilisiertes Tier auf der ständigen Jagd nach Frischfleisch. Ein American Psycho der Generation Youporn, der fickt, anstatt zu morden und nicht ausbrechen kann aus seinem Kreislauf aus Sex und Leere.

Geil ist das auf keinem Auge, weder für den Zuschauer, noch für ihn: der petit mort bringt keinerlei Erlösung, sein Gesichtsausdruck ist derselbe verkrampft-verbissene, mit dem Fassbender schon Jane Eyre rumgekriegt hat – und dennoch ist es gerade dieses minimalistische Spiel, das in Kombination mit den ruhigen Bildern so nachhaltig zu verstören weiß.

Es gibt keine Wandlung oder Läuterung in SHAME, was bleibt, sind Fragen: Ist dieser Brandon so ein Arschloch, weil er sexsüchtig ist, oder ist er sexsüchtig, weil er so ein Arschloch ist? Was soll das überhaupt sein, Sexsucht? Ist es mehr als ein überstrapazierter, diffuser Begriff, der für alles mögliche herhalten muss, wie etwa das gute alte BURNOUT? Eine billige Ausrede für die Woods und Schwarzeneggers dieser Welt, oder doch eine ernstzunehmende Krankheit? Und wenn ja, wo verläuft die Grenze zwischen gesund und pervers?

A nymphomaniac is a woman who has more sex than you do heißt es ironisch im Kinsey-Report, ein Psychiater von der Harvard Medical School definiert als „sexabhängig“, Menschen, die über einen Zeitraum von sechs Monaten wöchentlich mindestens sieben Orgasmen haben und sich täglich ein bis zwei Stunden mit solchen Aktivitäten beschäftigen. (Weiß übrigens alles Wikipedia)

Neue Erkenntnisse also gleich null. Sieben Orgasmen pro Woche hat glaub ich so ziemlich jeder Typ, mit dem ich in den letzten 17 Jahren über Selbstbefriedigung geredet habe, und unsere allseits beliebte und vielzitierte Statistik zeigt da ja ganz ähnliches.

Ihr Schweine! Schaut euch SHAME im Kino an. Dann fühlt ihr euch wieder romantisch und wunderbar normal.

Allein wegen Carey Mulligan, die langsam aber sicher zur tollsten Frau der Welt wird.

SHAME, in Österreich ab 09.März im Kino, in Deutschland bereits angelaufen.

Am 7. März 2012 von Theresa Lachner · Kategorien : Kulturtipps


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Seventies Blowjob Faces

Schnauzerfreunde aufgemerkt! Es begab sich in den weitentfernten 1970er Jahren, als Männer in Pornofilmen nebst Penis auch noch ein Gesicht haben durften, und dieses aufs Niedlichste verzogen.

Diesen und viele weitere kleine Tode gibts bei Seventies Blowjob Faces. Ich bin verzückt.

Gefunden bei der superen Franzi.

Am 21. Februar 2012 von Theresa Lachner · Kategorien : Fundstücke


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Rhye – Open

So kann die Woche gut anfangen: mit der schönsten Arsch-Titten-Einheitsbrei-Antithese seit Paradise Circus – ganz klarer Fall für den Fullscreen. Obacht, NSFW – ich bin dann nämlich nicht schuld, wenn ihr euch danach mit der Sekretärin respektive dem Cola-Light-Lieferanten paaren wollt.

Rhye – Open from Rhye on Vimeo.

Im Song geht es laut Fader, wo es das gute Stück auch als Gratisdownload gibt, übrigens darum, jemanden bei Bewusstsein halten zu wollen, um noch ein bisschen mit ihm rummachen zu können. Najoah. Klingt ja jetzt tendentiell eher nach etwas, woran man sich auch nach der dritten Aspirin nur widerwillig zurückerinnert. Aber wer solche Videos und Lyrics wie I´m a fool for your belly raushaut, darf das wahrscheinlich.

via: They Shoot Music Dont They

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