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Girl on Girls

Jede Generation bekommt die Carrie Bradshaw, die sie verdient.

Und wahrscheinlich ist nicht nur mir vergangenen Sonntag ein kleines bisschen Restalkohol hochgekommen, als das Original in Sex and the City 2, inzwischen auf den Großteil seiner Gesichtsmimik verzichtend (wahrscheinlich, um weiterhin von Mr.Big konsequent „Kleines“ genannt werden zu können) in sekündlich wechselnden Outfits desorientiert durch die arabische Wüste gestolpert ist, um ihre „strong female voice“ ausgerechnet in einem muslimischem Buchclub wiederzufinden, in dem gerade ein Wechseljahrsbeschwerden-Bestseller diskutiert wird. In Louis Vuitton unter dem Niquab, selbstredend.

Denn auch, wenn es bestimmt ein paar Jahre ganz gut geklappt hat, uns einzureden, Female Emowerment und all sowas würde am Besten auf arschteuren Zwölf-Zentimeter-Absätzen funktionieren und kann, genau wie Sex, als frei verfügbare Ware in der Boutique umme Ecke konsumiert werden, auch wenn wir vermutlich alle tatsächlich etwas unverblümter über das mit dem Reinstecken plaudern als vor fünfzehn Jahren, wenn Single Girls weltweit sich jetzt nicht mehr für ihren Sexualtrieb schämen, sondern vermutlich eher dafür, dass sie ihn nicht 24/7 mit komplett Fremden ausleben, auch wenn vielleicht dieser und die meisten Texte da weiter unten hier nicht stehen würden, hätte ich das Zeug nicht ab meinem vierzehnten Lebensjahr verschlungen wie eine Ersatzreligion (und, hust, sogar meine Facharbeit im Englischleistungskurs darüber geschrieben) – Sex and the City hat sich selbst abgeschafft.

Denn diese Serie über Frauen, die zum Großteil von schwulen Männern geschrieben wurde und so eine konsumorientierte, mächtige Weiblichkeit in verknöcherten Designerkörpern feiern wollte, ist uns allen viel zu sehr in Fleisch und Blut übergegangen. Frauen, die in hohen Hacken beim obligatorischen Cosmopolitan über Ficken und Schuhe reden? Come on! Wir alle haben die Realität ein paar mal zu oft dabei ertappt, wie sie daran scheitert, die Kunst zu imitieren. Weil Castrop-Rauxel nicht New York ist. Und Deichmann nicht Manolo Blahnik.

Zum Glück hat HBO eine neue Allzweckwaffe gefunden: Lena Dunham. Die 25-Jährige spielt nicht nur die Hauptrolle in Girls, sondern hat die Serie auch geschrieben und von Loser-Comedy-König Judd Apatow produzieren lassen.

Hanna Horvath ist die Sorte Frau, die sich so konsequent selbst sabotiert, dass man sie gleichzeitig lieben und hassen muss – weil sie einem so viel näher steht, mit ihren bekloppten Männergeschichten und ihren prekären Lebensverhältnissen. Besonders glamourös ist das natürlich nicht. Aber das ist die Realität ja generell eher selten.

Ach ja: diverse Jungsfreunde haben mich gefragt, warum sie, „also als Mann jetzt“, sich das ansehen sollten. Mit dem Titel und den ganzen Frauen die da dauernd reden und alles. Gegenfrage: Wer feiert denn seit fünf Staffeln Mad MEN mit euch Altherrenwitze und Christina Hendricks Hüften ab? Wer versucht, (vergeblich, zugegebenermaßen) bei Boardwalk Empire nicht einzunicken, wenn mittelschirche Typen heimlich Schnaps verticken und sich gegenseitig abschießen, während ihre Frauen entweder erzkatholisch oder sexuell aktiv, und somit sowieso geisteskrank sind? Äh, genau. Wie war noch gleich die Frage?