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Martin Walser: Angstblüte

Eigentlich geht es um Frauen, nicht um Geld – das erkennt Karl von Kahn, millionenschwerer Anlageberater, Geldmensch mit Leib und Seele. Die Zahl ist sein Gott, Aktiengeschäfte seine Religion. Sein Umfeld, die Münchner Geldaristokratie, ist geprägt von Verrat und Konkurrenz.
Bevor ein Baum stirbt, blüht er noch einmal auf – dieses Phänomen heißt Angstblüte. Auch Kahn, der mit über 70 beginnt, seine Vergänglichkeit zu spüren, erblüht noch einmal, für eine Frau, eine viel jüngere Frau. Mit Skrupellosigkeit und geheuchelten Orgasmen gewinnt sie Macht über ihn. Am Ende sind alle weg: die Frau, die Geliebte, der beste Freund, der ihn betrogen hat, der Bruder, der sich das Leben nimmt. Und wildfremde Frauen raunen ihm auf der Straße, im Café und in der UBahn anzügliche Sätze ins Ohr …
Walsers neuer Roman fühlt sich perfekt in seine seltsam verkorksten Figuren ein. Die sarkastisch präzisen Beobachtungen eines zutiefst unsympathischen Milieus gehen allerdings zu Lasten des Spannungsbogens – erst nach 250 Seiten gewinnt die Geschichte an Fahrt.

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