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Warum wir aufhören

Ihr habt es ja wahrscheinlich schon gehört: Wir haben uns entschlossen, das Feigenblatt einzustellen. Ich wollte nochmal auf die Gründe und Hintergründe dafür eingehen.

In all der Zeit seit unseren bescheidenen Anfängen im Herbst 2005 gab es immer wieder mal den Gedanken, hinzuschmeißen – etwa, als wir wegen eines Penis-Fotos eine Ausgabe aus dem Handel nehmen mussten, nachdem wir eben erst die Auflage erhöht hatten. Oder wenn wir Geld zuschießen mussten, weil die letzte Ausgabe nicht genug eingebracht hatte. Oder wenn uns potenzielle Partner schnitten, weil wir Schweinekram produzierten, und Medien, weil wir ja nur über langweiligen Blümchensex redeten.
Wir haben diese Krisen jedes Mal überwunden. Aber das Zeitschriftenmachen hat uns immer besser gelegen als das Geldmachen. Inhaltlich Kompromisse einzugehen, stand nie zur Debatte.
Die Crowdfunding-Aktion letztes Jahr hat uns noch einmal daran erinnert, dass das, was wir gemacht haben, vielen Leuten etwas bedeutet hat. Das ist ein wirklich schönes Gefühl, das ich so in meinen anderen Projekten und Berufen nicht kennen gelernt habe. Der Schub, den uns das gegeben hat, hielt leider nicht lange vor. Tut mir leid, es lag nicht an euch.

Als wir anfingen, sah es für uns so aus, als würde sich im Bereich Sexualität vieles zum Positiven verändern. Überall machten schöne, engagierte Läden auf, Toys waren plötzlich innovative Designer-Stücke statt nach Weichmacher riechende Riesenpenisse, einige Pornofilmer versuchten eine neue Ästhetik, die nicht nur frauen-, sondern auch menschenfreundlich war.
Heute habe ich den Eindruck, dass erotische Kultur noch mehr in eine enge Nische gedrängt wurde, die zwischen Lustfeindlichkeit und Porno-Parallelwelt kaum noch zu finden ist. Klar, das ist vielleicht auch unsere eigene desillusionierte Wahrnehmung. Vielleicht ist eine Zeitschrift nicht mehr das richtige Medium für heute, vielleicht sind wir zu alt geworden, um den Zeitgeist noch zu fühlen.
Aber das Biotop, in dem das Feigenblatt gewachsen ist, ist klein geworden. Viele Wegbegleiter und Inspirationsquellen haben längst aufgegeben. Wie wir mussten viele erkennen, dass man mit Sex vielleicht Produkte verkaufen kann („Sex sells“), aber nur sehr schwer Produkte über Sexualität. Die Suche nach Anzeigenkunden, sinnlichen Geschichten, Fotos, die wir nicht schon tausend Mal gesehen haben, oder den immer schon raren erotischen Männerfotos ist uns zuletzt schwer gefallen.
Bei den sehr stressigen Arbeiten an Feigenblatt 30 und unmittelbar danach an der Website fragte ich mich erstmals wirklich, warum ich mir das antue. Es kostete zu viel Energie, hielt uns ab von den persönlichen Veränderungen, die wir durchlaufen. Das Feigenblatt passte nicht mehr recht in unser Leben.
Letztlich war es Anja, die den Mut hatte, den Schlussstrich zu ziehen unter das großartigste Projekt, an dem ich jemals mitwirken durfte.

Wie geht es weiter?
Der Shop bleibt geöffnet, der Verkauf der alten Hefte und der E-Paper läuft. Wir werden uns auch weiterhin gelegentlich zu Wort melden, auf unserer Facebook-Seite oder im eigenen Blog. Anders gesagt: Alles bleibt erst mal, wie es ist, nur neue Feigenblätter wird es nicht mehr geben. Ich habe auch ohne Feigenblatt genug zu tun, Anja sucht etwas Neues.

Vielen Dank an die treuen Leser, die uns immer wieder Kraft gegeben haben, und an die Leute, die uns inhaltlich, finanziell und/oder ideell unterstützt haben!

Autor: Herbert Braun

Mitherausgeber des Feigenblatt Magazin und sowas wie der Chefredakteur.