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Wochenschau XV: Der Untergang von "Extrem haarig"

Heute sind Einleitungen, Übergänge und Schlusspointen leider aus. Ich beginne also beim ersten Thema und ende mit dem letzten.

Die meisten Menschen auf der Welt haben noch nie den erotischen Salon erlebt, denn Silke Maschinger und Enno Peter in Berlin veranstalten. Und nun haben sie vielleicht bald keine Gelegenheit mehr dazu: Am 31. Januar findet der womöglich finale Salon statt. Nutzen Sie Ihre letzte Chance, kommen Sie zahlreich und überzeugen Sie die beiden, dass sie weitermachen!

Thomas Karsten, Deutschlands meistpublizierter Aktfotograf und ausführlich gewürdigt in dem (ausverkauften) Feigenblatt 5, hat jetzt ein Blog bei Stern.de.

Als Velvet d’Amour ihre Karriere als Fotomodell begann, war sie 18 und wog knapp 60 Kilo. Jetzt ist sie vierzig und stellt selbstbewusst und sexy ihre 150 Kilo vor der Kamera zur Schau. Das Zeit-Jugendmagazin hat mit diesem etwas anderen Schönheitssymbol gesprochen.

„Währenddessen stieß Singh wie ein Weltmeister im Speerwerfen zu“: Erotische Texte zu schreiben ist schwer, und Zeit-Blogger David Hugendick hat ein besonders schönes Beispiel dafür aufgetan, was dabei schiefgehen kann.

China stellen wir uns gern als gleichgeschaltetes Land vor, das jede nicht klinisch saubere künstlerische Äußerung rigoros unterdrückt. Zu diesem Bild passt das Verbot des Films „Lost in Beijing“, das die Behörden jetzt verhängt haben. Für mich die erstaunlichere Nachricht: In China konnte ein Film mit harten Sexszenen gedreht werden, der im Rotlichtmilieu spielt. Allerdings will die Staatsmacht bei Unzucht in Bild und Ton künftig die Zügel wieder straffer anziehen – die Olympiade naht.

Was Gesundheit, Seelenleben und ihre Auswirkungen auf die Sexualität angeht, ist die Mehrzahl der Männer weitgehend beratungsresistent. Um die Zielgruppe trotzdem zu fassen zu kriegen, hat die Dresdner Aids-Hilfe ihre Website ebenso irreführend wie provokant pflege-deinen-schwanz.de getauft. Lustig: In den Texten kann man sich das Wort fürs erektile Körperteil aussuchen.

Andere Zeiten, andere Sitten: Ein Buch, das vor 15 oder 20 Jahren dem unbehüteten Nachwuchs die Höllenpforten von Sodom und Gomorrha zu öffnen drohte, mag man heute für einen faden Porno von der Stange halten. Landete das Werk aber seinerzeit auf dem Index der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien, darf es mindestens die nächsten 25 Jahre nicht in die Hände von Jugendlichen geraten. Derzeit gilt das für 700 Bücher.
Um Jugendliche zu beschützen, die bekanntlich massenhaft bei Online-Antiquaren Opas Pornos bestellen, hat die Overather Anwältin und FDP-Politikerin Christine Ehrhardt diese Händler im Auftrag einer Bonner Buchhandlung abgemahnt – und zwar zu Hunderten. Angeblich geht es nicht um die Abmahngebühren, sondern um die gute Sache. Das macht es für die Antiquare nicht leichter: Lassen sie sich auf die Abmahnung ein, droht bei – auch versehentlicher – Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe von über 5000 Euro. Und die Bundesprüfstelle bringt es nicht einmal fertig, ihren Index online zu veröffentlichen. Der Börsenverein ist sauer. Was für ein Glück für reine Kinderseelen, dass man sich in Deutschland derart um sie sorgt.

Sie werden es vielleicht nicht bemerkt haben, aber „Geile Titten“, „Extrem haarig“, „Junge Mädchen von nebenan“ und ein Dutzend weiterer derartiger Qualitätszeitschriften haben 2007 ihr Erscheinen eingestellt. Beim Establishment (Praline, Coupé & Co.) sieht es nicht viel besser aus: Die Auflagenzahlen ähneln dem Höhenprofil einer Skipiste – offenbar der Siegeszug des Internets. Und bitte, liebes Zeitschriftenblog: Das sind keine „Erotikmagazine“. Das sind Tittenhefte.

Autor: Herbert Braun

Mitherausgeber des Feigenblatt Magazin und sowas wie der Chefredakteur.