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Véronique Olmi: Ein Mann eine Frau

Ein Mann und eine Frau verabreden sich an einem regnerischen Sommertag in Paris. Sie gehen ins Hotel und schlafen miteinander. Nur diese wenigen Stunden der ersten Nähe schildert die Erzählung.
Detailversessen beobachtet Olmi Körper und Seelen ihrer Figuren beim Liebesspiel (man denkt an Brodkeys „Unschuld“). Diese schmerzliche Intenstität steht in Widerspruch zur Anonymität der Figuren. Was nicht zur Geschichte der beiden gehört, blendet die Erzählung rigoros aus – ganz im Sinn des Titels, wenn auch das französische Original übersetzt „Der Regen ändert nichts an der Begierde“ heißt. Der dialoglose Erzählfluss der Bühnenautorin Olmi sprengt in ekstatischen Momenten herkömmlichen Satzbau in einzelne Bildfetzen und reiht sie gedichtartig aneinander.
Nach und nach sickert die Vorgeschichte der 40jährigen Frau durch – mehr als nötig gewesen wäre. Ihre desaströse Ehe hat Narben hinterlassen, die diese in jeder Hinsicht intime Begegnung überschatten. Wie im thematisch sehr ähnlichen Film „Eine pornographische Beziehung“ scheitert der Durchbruch zur Nähe. Am Ende bleiben Olmis Figuren Fremde – auch für den Leser.

Autor: Herbert Braun

Mitherausgeber des Feigenblatt Magazin und sowas wie der Chefredakteur.

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