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Ist Twitter die neue Zigarette danach?

Meine Mitbewohnerinnen L. und L. sind unzufrieden mit der dekorativen Gestaltung unseres Aborts. Sie mögen den japanischen Glückskalender von Natsu Sushi einfach nicht. L. sagt, sie fände es irgendwie unnatürlich, beim Verrichten ihrer Geschäftchen Bilder von Nigiri Temaki und rohem Lachs zu betrachten. L. pflichtet dem bei.

Na gut Mädels, ihr habt es nicht anders gewollt. Ab heute hängt hier der Cosmopolitan Männerkalender 2010. Dann eben Fleisch statt Fisch. Danke, Cosmo, für Keanu, Bradley, Ashton, Chad und all die anderen halbnackerten Buam – das ist zwar nur halb so innovativ wie das hier, aber nichtsdestoweniger appetitlich – und für zwei Euro neunzig gibts noch ne ganze Menge Weisheit dazu, nämlich:
Die neue Sex-Etikette 2010.

Vergessen Sie alles, was Sie bisher übers Liebemachen zu wissen glaubten, Ladies and Gentlemen – das ist sowas von Nuller Jahre. Die entfernte Zukunft ist angebrochen. Menschen tun es mit batteriebetriebenen Alternativgenitalien und kommunizieren per Mikrobloggingsystem. (Um damit auch die im Titel aufgeworfene Frage zu beantworten: Ja, schon.)

Die entfernte Zukunft ist also angebrochen, und sie sagt so Dinge wie:

„Nichts führt uns unsere Qualitäten und Schwächen so deutlich vor Augen wie das Ergebnis eines intimen Filmshootings. Und wer würde nicht gerne aus einer anderen Perspektive erfahren, wie er im Bett ist?“

Ehm, wie sag ichs jetzt …äh, Ich? Vielleicht ist das ja so ein Zehnerjahre-Ding, Sex als Challenge, Leistungsgesellschaft, Generation Sportficken? Ich dachte eigentlich immer, es ginge dabei so um Entspannung, Lust, Erotik und um Spaß und so. Mit dieser Ansicht stehe ich anscheinend allein auf weiter Flur, nachdem sich, laut Cosmo, immerhin jeder Sechste schon mal beim Koitus hat filmen lassen, 41 Prozent der Amerikanerinnen gern mal Nacktfotos von sich verschicken und immerhin 18 Prozent zwischendurch vor der Webcam strippen.

Tut was ihr nicht lassen könnt, ihr Ferkel – aber vergesst nicht, euch an anderer Stelle entsprechend zugeknöpft zu zeigen.
„Wieviele Liebhaber gebe ich ehrlich zu?“ fragt die Sexetikette 2010.
Die Cosmo rät hier zu „maximal fünf“ – alles andere würde „viele Männer verunsichern„, so die US-Sexpertin Judy Dutton.
Irgendwie deprimierend, dass 2010 ein moralisches 50erjahre-Revival erleben soll. Wer diese konfliktpotentialträchtige Frage schon unbedingt stellen muss, sollte mit der Antwort umgehen können – oder einfach im Hier und Jetzt leben, anstatt die Vergangenheit seines Partners durchanalysieren zu wollen.

Oder einen Erotik-Coach engangieren, wie zum Beispiel unsere Feigenblatt-Autorin Silke Maschinger. Neue Leichtigkeit im Liebesleben – sicherlich nicht der schlechteste Vorsatz fürs neue Jahrzehnt.

Und um nochmal von unserem Klo zu zitieren, Mister Februar Eric Dane bringts auf den Punkt.
„Warum sollte ich perfekt sein wollen? Perfektion interessiert mich wirklich nicht im geringsten.“
Danke, Dr. Sloan. Vielleicht ist es doch weiterhin ok, wenn man sich beim Sex nicht filmen lassen möchte.

Ihnen ein scharfes neues Jahr(zehnt) – bleiben Sie safe, und vor allem: bleiben Sie gelassen.