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Simona Vinci: Zimmer 411

Es ist vorbei, und sie schreibt ihm in dem Hotelzimmer, wo sie sich meist trafen, einen langen Brief. Es war Liebe, für beide, aber es konnte nicht gut gehen. Vinci formuliert in einer makellos klaren, aber lyrisch dichten Sprache. Die Beobachtungen der Erzählerin – auch von sich selbst – sind von fast schmerzhafter, bisweilen morbider Exaktheit. Der teilnahmslose Perfektionismus, mit dem sie stundenlang im Badezimmer ihre Fassade aufhübscht, steht sinnbildlich für ein abgeklärtes, hochgebildetes Elend, das keine Ursache kennt und von daher zum Selbstmitleid neigt. Dieser Existenzialismus kommuniziert am liebsten mit Zitaten aus Gedichten, Romanen, Filmszenen, rauchend, am Hotelfenster – oder man sagt Sätze wie „Wenn ich dich nicht lieben würde, hätte ich dich schon gefickt“ oder „Benutz mich“. Fast unausweichlich, so die Erzählerin, werde eine Beziehung zum „Versuch, miteinander zu verschmelzen“ und dabei den anderen „zu vernichten, aufzufressen, totzubeißen“. Vielleicht scheitert die Liebe hier aber eher daran, dass die beiden in diesem Buch Verlorene sind, Gespenster. Viel Poesie, wenig Freude.