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Charlotte Roche: Feuchtgebiete

Ich gebe zu: Buchschreibende Prominente halte ich für eine der schlimmsten Seuchen des 21. Jahrhunderts. Ende der 90er-Jahre hat sich Charlotte Roche aber mit „Fast Forward“, der vielleicht besten Sendung des deutschen Musikfernsehens, echte Verdienste erworben. Geschickt hält Roche in dem von ihr selbst gelesenen Hörbuch die Balance zwischen dem charmanten kleinen Mädchen, das unbefangen alles ausprobiert, was Mutti verboten hat, das dabei immer schmutzig vom Spielplatz zurückkommt – und der coolen Sau, die an keinem Fleck im Höschen und an keiner Eiterbeule vorbeikommt, ohne ihnen ein paar Sätze zu widmen. Das ist oft sehr witzig. Allerdings kann die Bürgerschreck-Attitüde, mit der sich Roche zum Jackass einer schmerzbefreiten Borderline-Sexualität stilisiert, auch gehörig nerven.
Am Ende bleibt ein flaues Gefühl zurück: Immer mehr wirkt die Unbefangenheit wie ein Marketing-Trick, scheint die Provokation einkalkuliert – wie schon in ihren Lesungen über die komischsten Verletzungen bei der Selbstbefriedigung. Und die Fans klopfen sich die Schenkel vor Ekellust und Lachen.