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Peter Hacks/Rudi Hurzlmeier: Die Dinge in Buta

In einer berühmten Szene von Buñuels „Gespenst der Freiheit“ plaudert eine Abendgesellschaft an einer Festtafel – doch statt zu speisen, sitzen alle auf Toiletten. Einer der Gäste zieht sich dann diskret in ein Kämmerchen zurück, wo er seine Mahlzeit zu sich nimmt.
Mit einer ähnlichen Umkehrung spielt Peter Hacks‘ Geschichte, die der vor vier Jahren verstorbene DDR-Dramatiker wohl 1973 schrieb. Die Menschen in Buta, zu denen der ahnungslose Ferdinand reist, leben mit der größten Selbstverständlichkeit ihre Sexualität aus. Morgensex gehört im Hotel zum Zimmerservice, sie masturbieren öffentlich – nur zum Essen schließen sie sich verschämt ein. Politischer Hintersinn und derbe Sinnlichkeit finden über den feinen Humor der Erzählung zusammen.
Der Zeichner Rudi Hurzlmeier besaß die Bosheit, die kurze Geschichte im Stil eines Kinderbuches zu illustrieren. Diese vertauschten Konventionen und unpassenden Genres ziehen den Leser in ein unterhaltsames Gedankenspiel hinein, an dessen Ende die Einsicht steht: Von echter sexueller Freiheit sind wir weit entfernt.

Autor: Herbert Braun

Mitherausgeber des Feigenblatt Magazin und sowas wie der Chefredakteur.

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