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Lieber nicht an Lampen denken

Um die Spannung noch etwas zu steigern, hat Arte seinen Zeitplan kurzerhand verändert und den Themenabend zum Thema „Orgasmus – Geheimnisse eines Hochgefühls“ (s. „Treibgut“, Heft 5) mit dem Spielfilm getauscht, der eigentlich im Anschluss daran hätte laufen sollen. Wenn ich mich richtig erinnere hatte der den passenden Titel „Der Große Knall“, und sehenswert war er auf jeden Fall. Da wurden ein paar Versuchspersonen genetisch manipuliert, was letztlich zur Folge hatte, dass sie zu begeisterten Liebhabern von Militärmusik wurden. Aber egal, eigentlich wollten mein Freund und ich nur mal wissen, was andere so über ihren Orgasmus zu sagen haben. Und nachdem endlich mal vollständig erklärt worden war, warum Menschen singen (wegen des Spy-Gens), war es dann auch so weit.

Was auch immer wir erwartet hatten, sehr viel Neues gelernt haben wir beide nicht. Kommt vielleicht davon, wenn man in einer langen Beziehung lebt, in der es an Gelegenheiten zu „Feldstudien“ bisher nur selten gefehlt hat. Trotzdem war es ein sehr interessanter und unterhaltsamer Abend. Ein paar Anregungen haben wir uns doch geholt, und ein paar Fragen sind geblieben.
Tief beeindruckt waren wir beide von der Frau in der ersten Szene, die durch Kontraktion ihrer Beckenbodenmuskulatur einen Orgasmus bekommen konnte. Ich meine: Geht das wirklich? Und vor allem: Wie lange hat sie dafür trainiert? Und wie?

Als beinahe chronische Kritikerin der vielen „Männer-sind-so-und-Frauen-ganz-anders“-Theorien (ich glaube immer noch dass es mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede gibt, nur fallen uns die nicht auf) und obendrein auch noch Psychologie-Studentin habe ich dann natürlich sofort angefangen, Hypothesen aufzustellen: Da wurden sowohl die Frauen als auch die Männer nach ihren sexuellen Fantasien gefragt. Die Frauen haben Szenen und Situationen beschrieben, die Männer Bilder. Leider konnte man die Interviewerin nicht hören. War die Frage bei beiden wirklich genau gleich? Hatte das Geschlecht der Interviewerin möglicherweise Einfluss auf die Antworten? Und wurden da auch alle Störvariablen ausreichend kontolliert….. ?!? Und die Studien, nach denen der weibliche Orgasmus mit steigendem Alter immer intensiver erlebt wird, sind das Längs- oder Querschnitstudien? Spielt da vielleicht der Kohorteneffekt die größte Rolle? Anders gefragt: Gilt das auch für Frauen meiner Generation?

Vielleicht ist so ein humanwissenschaftliches Studium doch nicht immer so förderlich. Schließlich waren die Beiträge ja subjektiv, und das war ja auch das schöne daran. Dass da eben doch mit erstaunlicher Offenheit über intimste Dinge gesprochen wurde, die für mich vielleicht so exotisch nicht sind, es sehr wohl aber für meine Eltern noch wären.

Studium bei Seite, ein paar praktische Anregungen haben wir uns letztendlich doch geholt, und ein paar Gespräche haben wir geführt (z.B. über die oben erwähnte Frau die mit ihren Muskeln…). Da war zum Beispiel ein Mann der meinte, um nicht zu früh zu kommen und dann am Ende mehr von seinem Orgasmus zu haben (bzw. einen richtigen zu erleben), würde er abwechselnd an erotische und an nicht erotische Dinge denken. Erotische: Kann man sich denken. Nicht erotische: Die Lampe in dem Raum, in dem er gerade ist. Dazu nur so viel: Männer, wenn es auch so einigermaßen klappt, dann denkt lieber nicht an Lampen. Zumindest nicht im entscheidenden Moment. Nicht nur das noch-nicht-Kommen, auch das Kommen ist eben Kopfarbeit.

Eure neue Praktikantin (und außerdem Psychologiestudentin, 7. Fachsemester)

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