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Die Liebe und der Mega-Orgasmus. Ein Filmabend

Am Sonntag haben wir als Vorschau aufs PornFilmFestival zwei Filme von Jennifer Lyon Bell gezeigt, einer unserer Lieblings-Filmemacherinnen. Bei der Podiumsdiskussion kamen ein paar interessante Fragen auf. Jennifer erwähnte zum Beispiel, dass sie bei ihrem Spielfilm „Matinee“ die Sexszene nochmal drehen musste. Sie war zwar echt (so echt, wie eine Liebesszene vor der Kamera sein kann), sah aber nicht so aus – auch das kann also beim Filmen passieren.
Eine Frage bezog sich auf den Aufbau von „Skin like Sun“, der aus zwei aufeinanderfolgende Sexszenen eines Paares besteht. Ist das nicht pornomäßig, die Szenen einfach aneinanderzureihen? Im Gegenteil, meinte Jennifer: Anders als die Porno-Sehgewohnheiten suggerieren, ist das Liebesspiel in der Wirklichkeit meistens keine gerade Linie von null auf hundert, die notwendigerweise beim Mega-Orgasmus aufhört. Es gibt Unterbrechungen, es gibt ein Vorher und ein Nachher, und vielleicht gibt es ein zweites oder ein drittes Mal, wenn beide noch Lust aufeinander (und viel Zeit) haben.
Ich finde ja, man sollte „Skin like Sun“ Vierzehnjährigen in der Schule zeigen: „Liebe Kinder, so sieht Sex aus, wenn sich zwei Menschen wirklich gern haben. Vergesst die ganze Scheiße, die ihr auf YouPorn seht.“ Aber es dauert wahrscheinlich noch fünfzig Jahre, bis wir so weit sind.
Die lebendige Podiumsdiskussion und die anschließenden Gespräche im Foyer weckten bei uns die Vorfreude aufs PornFilmFestival. Dessen Leiter Jürgen Brüning brachte das eben fertig gewordene Programm mit. Wer sich für Sexualität und Film interessiert und in der Nähe von Berlin lebt (oder immer schon mal hinfahren wollte), sollte also unbedingt den 26. bis 30. Oktober im Kalender anstreichen. Ich kenne keinen Ort, wo man so viele angenehm schräge Menschen in entspannter Atmosphäre trifft wie dort. Aber wie immer lässt sich das Festival nur mit Selbstausbeutung finanzieren – jedes Mal könnte also das letzte Mal sein.

Autor: Herbert Braun

Mitherausgeber des Feigenblatt Magazin und sowas wie der Chefredakteur.

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