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Statt Wochenschau: Buchmesse

Nein, keine Wochenschau, diese Woche nicht und auch die davor nicht. Mit bedenklicher Adrenalinüberdosis vermelde ich die vollzogene Möbelmobilisierung, mit anderen Worten, dass wir seit drei Tagen im Verlagsgebäude wohnen, sofern man das Sokoban-artige Pappkistenhin- und -herrücken bei Muskelkater, Schnupfen und Überstunden wohnen nennen möchte.

Das Wichtigste in Kürze, fett und kursiv:
Feigenblatt, Frankfurter Buchmesse, Halle 3.1, Stand L130.
Aber erst ab Donnerstag Mittag. Schau’n Sie doch einfach vorbei.

Update: Erwischen werden Sie uns vermutlich eher am Wochenende (das sind die Publikumstage), vorher sind wir wohl die meiste Zeit auf dem Messegelände unterwegs.


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Wochenschau XI: Kannibalismus und Zensur

Das KZ als Kulisse für SM-Pornos? Vor allem für deutsche Ohren klingt das nach einem Skandal. Um so seltsamer, dass es das tatsächlich gab, und zwar in Israel. Noch seltsamer, dass die Schundheftchen der Reihe „Stalag“ Anfang der 60er-Jahre dort die ersten Pornos waren, bis sie nach zwei erfolgreichen Jahren verboten wurden. Ein israelischer Dokumentarfilm (SZ, New York Times) hat die kruden Geschichten um sadistische SS-Aufseherinnen und gefolterte Kriegshelden dem Verdrängen entrissen – und stellt ein paar unangenehme Fragen über Vergangenheitsbewältigung und den Umgang mit dem Grauen.

Für eine andere Art von Grauen steht der Kannibalismus-Fall, der 2001 die Öffentlichkeit erschüttert hat – vor allem, da das Opfer in seine Tötung und Verspeisung eingewilligt hat. Die Zeit versucht, durch ein Interview mit einem Sexualwissenschaftler Licht in die finstersten Abgründe zu bringen und zeigt beim Titel eine ungewohnte Neigung zum Kalauer.

Puritanismus in Skandinavien: Laut SZ wollen es die Norweger ihren schwedischen Nachbarn gleichtun und Prostitution verbieten. Freier müssen in Ikea-Land seit 1999 mit empfindlichen Geldstrafen rechnen. Ob die Kriminalisierung den Sumpf aus Menschenhandel und Zwangsprostitution wirklich austrocknet, ist zweifelhaft – aber das hat auch bei der Drogenpolitik Moralhardliner noch nie gestört.

Aus der Rubrik „Wissenschaftler haben herausgefunden“: Wissenschaftler haben herausgefunden, dass Männer sich nicht etwa deshalb jüngere Frauen suchen, weil sie ihnen besser gefallen, sondern aus dem evolutionsbiologischen Wissen heraus, dass sie jüngeren Partnerinnen den höchsten Reproduktionserfolg (vulgo: die meisten Kinder) erzielen können. Optimal für beide Partner ist ein Altersunterschied von etwa fünf Jahren. Eigenartig, mit welchen Fragen sich an der Uni Wien die Tierärzte beschäftigen.

Dass Jugendschutz in Deutschland öfter mal gegen Artikel 5 Grundgesetz gewinnt, mussten letzte Woche die Kunden eines der größten deutschen Internet-Zugangsprovider erfahren: Arcor sperrte den Zugriff auf einige bekannte ausländische Porno-Sites, weil diese nicht mit der strengen deutschen Altersverifikation verhindern, dass Dreizehnjährige Kopulationsdarstellungen zu sehen bekommen. Das hat schon einen Beigeschmack, aber wenn man erfährt, dass a) Arcor nicht etwa der Staatsanwalt oder eine richterliche Verfügung im Nacken saß, sondern die einstweilige Verfügung eines Pornofilmverleihs, dass b) als Kollateralschaden Millionen völlig harmlose Websites gesperrt wurden und c) Arcor selbst mit Silikontitten und willigen Wasserstoffblondinen gutes Geld verdient (mit den „prickelnden Filmen ab 18“ auf der Arcor-Tochter adultpark.de) – dann wird aus der Posse ein hässlicher kleiner Skandal. Die Meinungsfreiheits-Streiterin Bettina Winsemann vergleicht diese Zustände nicht zu Unrecht mit denen in China (1, 2). Kleiner Trost: Die Sperrungen sind nach Arcors PR-Debakel aufgehoben.

Vermischtes zum Schluss: Die taz macht sich über all die albernen Sexumfragen lustig, Brian Alexanders Sexploration tröstet Männer, die auf Vibratoren eifersüchtig sind, das Sexblog hat Phallisches im Maskottchen der kommenden Fußball-EM gefunden, warnt davor, Kreuzschraubenzieher in den Penis einzuführen (aua! Das geht doch nur mit Schlitzschraubenziehern) und lässt sich die IP-Adresse des Rechners vorstöhnen. Krass harter Nerd-Porno.

Am 20. September 2007 von Herbert Braun · Kategorien : Wochenschau


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Wochenschau: Die Emma und Porno 2.0

Die Zeit interessiert sich für Pornografie – übrigens auch ihre (Online-) Leser, denn „Pornostar als Freizeitspaß“ ist seit Tagen der meist gelesene Artikel. Im Wesentlichen geht es dort um Sites wie YouPorn: Porno im Geist des Web 2.0, zum Mitmachen, exhibitionistisch und mit gespielten Identitäten. Fragt sich, wie gut uns das bekommt. Der Wissenschaftler Andreas Hill meint, dass es eine Gefahr der Abstumpfung und Nachahmung gibt, dass sie aber fast nur von besonders harter Pornografie ausgeht, die Grenzen überschreitet (SM, Vergewaltigungen, Zoophilie, Pädophilie). Offenbar entdecken manche Konsumenten dunkle Seiten an sich, die sie ohne Pornos nie kennen gelernt hätten.

Mit der radikalen Anti-Porno-Haltung der Emma setzt sich Iris Radisch in der gleichen Zeit-Ausgabe auseinander. Die feministische Bastion prangert die Pornografisierung der Gesellschaft an und verdammt vom Minirock bis hin zum Brutal-Porno alles in einem Aufwasch als sexuelle Gewalt; weibliche Lust am Exhibitionismus ist demnach bloße Selbsttäuschung. Radisch benennt in ihrem lesenswerten Artikel diese Haltung als steinzeitlich und weltfremd (außerdem: Was für eine moralische Instanz ist eine Zeitschrift, deren Herausgeberin für die Bild wirbt?), nicht ohne auf die „Liberalisierungsschäden“ und den Zynismus der Hass-Rapper hinzuweisen, bei denen sie nur Kälte und Leere statt Sexismus sieht.

A propos Bild: „Die harten Fakten der Sex-Umfrage“ (oder zumindest dieser eine „Fakt“) macht auch Kenner der Materie sprachlos. Wie das Ergebnis eines solchen Eingriffs aussehen könnte, hat ein Kollege auf einer Japanreise fotografiert.

Porno-Puppenhaus (Vorschau) Über die japanische Pornoindustrie wurde hier schon öfter gestaunt – das hier hat ein anderer Kollege dokumentiert (merci, Nico!). Sprachlos bestaunen wir dieses Bondage-Puppenhäuschen (Anklicken! Die Details sind eine Augenweide).

Neues aus der Rubrik „Wissenschaftler haben herausgefunden“: Wissenschaftler haben herausgefunden, dass Menschen mit hohem IQ seltener Sex haben. Was im Übrigen nicht ganz das Gleiche heißt wie „Dumm fickt gut“. Trotzdem Pech für uns ungeliebte Intellektuelle.

Heute soll (wenn wir diesem Vorabbericht der SZ glauben) ein Schweizer Unternehmer mit dem phallischen Namen Stöckli Übernahmeverhandlungen mit Beate Uhse begonnen haben. Sowas geht natürlich nicht ohne Kalauer („potente Investoren“) ab, aber ich habe mich davon ja auch schon anstecken lassen.

Und schließlich: Mit marodierenden Busengrabschern und bandenweise auftretenden Exhibitionisten haben es neuerdings Bäuerinnen in Kenia zu tun. Ganz schön frech dafür, dass die Jungs nur einen halben Meter lang sind.

Am 11. September 2007 von Herbert Braun · Kategorien : Wochenschau


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Keine Wochenschau diesmal

… weil das Heft mal wieder alle Kräfte absorbiert. Feigenblatt Numero 9, unser zweites Geburtsagsheft, muss nächsten Donnerstag in die Druckerei und kommt um den 20. September in die Läden. Der Titel lautet: Märchen und Magie. So, zurück an die Arbeit …

Am 31. August 2007 von Herbert Braun · Kategorien : Wochenschau


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Wochenschau: Menschen, Mäuse, Kontroversen

Zu Beginn ein schwieriges Thema: Das Bundesfamilienministerium hat die seit Jahren von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung verteilte Aufklärungsbroschüre „Körper, Liebe, Doktorspiele“ gestoppt. Die Autorin forderte Eltern dazu auf, die Entwicklung der kindlichen Sexualität nicht zu stören und unter anderem durch „liebevolle Berührungen“ im Intimbereich zu unterstützen. Das brachte ihr eine Strafanzeige wegen Aufforderung zum sexuellen Missbrauch von Kindern ein. Ich kenne die Broschüre nicht und weiß nicht, ob sie Päderasten einen Vorwand liefern könnte, ihr Tun damit vor sich zu rechtfertigen. Allerdings frage ich mich, ob die Tabuisierung kindlicher Sexualität nicht mehr schadet als nützt – und warum die Anzeige von einer 64-Jährigen kam, die mit dem Thema nicht viel zu tun haben dürfte. Was denken Sie?

Wesentlich weniger kontrovers: In einem netten Artikel fordert eine Dr. Beatrice Wagner Paare dazu auf, selbst auferlegte Tabus zu brechen.

„Es geht heute nicht mehr um Erotik, sondern vor allen Dingen um größtmögliche Effizienz. Meine Bilder der pragmatischen und nüchternen Realität setzen damit einen Gegenpol zu den übersexualisierten Hochglanzbildern der Medien“, sagt Holger Stöhrmann, der Orte des anonymen Sex fotografiert hat – vom leeren Sexkino bis zum einsamen Cruising-Treffpunkt im Park. Zeit.de zeigt die Bilder.

Aus der Rubrik „Wissenschaftler haben herausgefunden“: Wissenschaftler haben herausgefunden, dass Enthaltsamkeits-Kampagnen für Jugendliche, wie sie die USA und einige Entwicklungsländer unterstützen, weder die Häufigkeit von Teenager-Sex noch deren Praktiken beeinflussen. Kein Wunder, schließlich haben andere Wissenschaftler mit einer Befragung 237 verschiedene Gründe (SZ online hat sie alle – auf 237 einzelnen Seiten) ermittelt, warum man Sex haben könnte.

Unsere Lieblings-Sexberaterin Silke Maschinger war eine Nacht mit den Nonnen (ja, die mit der „karitativen Macke“, über die wir in Heft 7 mal geredet haben) unterwegs und lernte auch mal einen Schwulenclub von innen kennen.

Was sie nicht zwischen den Beinen haben, steckt bei Mäusen in der Nase. Wissenschaftler von der Harvard-Universität haben Mäusinnen das vomeronasale Organ (müssen Sie nicht kennen) aus der Nase entfernt, woraufhin diese wahllos Männlein und Weiblein beschnüffelten und bestiegen – sich also wie echte Mäusemänner verhielten. Falls Sie sich jetzt an die eigene Nase fassen, werden Sie dort vergeblich suchen: Wir Primaten besitzen dieses Organ nicht. Womit zum zweiten Mal in Folge bewiesen wäre, dass uns Nagetiere in sexueller Hinsicht eine Nasenlänge voraus sind.

Am 8. August 2007 von Herbert Braun · Kategorien : Wochenschau


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Wochenschau: Minimalporno und Meerschweinchen

Blendend erholt und knackebraun kehren wir zurück von Küste und Campingplatz. Inzwischen ist hier so viel aufgelaufen, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll.

Zum Beispiel gab es da mehrere sehr kreative Auseinandersetzungen mit dem Thema, um das es im Internet vor allem geht. Minimal Porn (vorgestellt vom Sexblog) reduziert die Hauptsache in stehenden und bewegten Bildern aufs Wesentliche. Cracked.com traut sich nicht, Pornos zu zeigen, und bringt dafür eine Audiobeschreibung als Masturbationshilfe. Wem das gefällt, wird auch „Pornos for Nerds“ lustig finden. Und einen wirklich schönen, schrägen 70er-Jahre-Pornoband stellt das Tazblog in einer ganzen Serie vor.

Nicht so entspannt sieht man das Thema beim US-Militär: Mehrere Soldaten wurden nach einem Gastauftritt in Schwulenpornos gefeuert. Offiziell gibt es nämlich keine Homosexuellen bei den Streitkräften, ebensowenig wie zum Beispiel schwule Fußballer.

Man kann es schon pervers finden, dass ein Häftling in einer videoüberwachten Zelle fürs Masturbieren bestraft wird, wie jüngst in Florida geschehen. Ganz so einfach liegt der Fall aber nicht, wie ein reißerisch überschriebener Telepolis-Artikel erklärt.

Eine Provokation leistete sich auch ein Kellner in einem Restaurant. Seine Requisiten waren eine Spandex-Hose, ein Gummipenis von stattlicher Größe und versteckte Kameras. Kindisch, aber man muss einfach gesehen haben, wie die weiblichen Gäste große Augen machen (obwohl ihnen, wie sie nachher erklären, die Größe ja völlig egal sei) und um Worte ringen (ich sage nur: „equipment“).

Ganz wertfrei (wir haben’s nicht gesehen – möchte uns vielleicht mal jemand einladen?) weisen wir auf eine Berliner Show hin, die sich ebenso wie eine gewisse Zeitschrift an anspruchsvoller Erotik versucht. Die SZ war nicht so begeistert; bei der Website scheint „Liberté – révolution d’amour à Berlin“ gespart zu haben, oder ist grade was kaputt?

Und zum Schluss noch: Sootys große Nacht. 24 Mädels, 43 Kinder gezeugt. Wir verneigen uns in Ehrfurcht.

Am 29. Juli 2007 von Herbert Braun · Kategorien : Wochenschau


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Wochenschau VII: Fahrrad-Pornos

Während in Schweden neuerdings auch Häftlinge in den Genuss pornografischer Magazine kommen, dreht sich anderswo die Uhr zurück: Iraker, die Erotik- und Pornosites im Internetcafé ansurfen, werden häufig Opfer von Entführung, Folter und Mord durch islamistische Extremisten, berichtet mein Arbeitgeber. Was tut man am besten dagegen? Natürlich Pornografie im Internet filtern. Zum Schutz der Betroffenen.

Einen Schritt weiter ist man da in Teilen Australiens: Den dortigen Aborigines soll der Konsum von Pornografie und Alkohol untersagt werden. Der australische Premierminister will damit den Kindsmissbrauch bekämpfen, der nach umstrittenen Studien unter den Ureinwohnern dramatisch häufig vorkomme. Die Porno-Lobby sieht das anders.

In Deutschland hat man neuerdings scheinbar weniger Probleme mit Kindsmissbrauch – für einen mutmaßlichen Täter haben sich Bildzeitung, Außenminister und Kanzlerin eingesetzt. Die Rede ist natürlich von dem 17-jährigen Deutschen, der in der Türkei seinen Prozess erwartet. Hier wurde schon so viel Porzellan zerbrochen und so viel dummes Zeug geredet, dass ich nur auf einen recht differenzierten Telepolis-Artikel verweisen möchte, der den Vorfall in Verbindung mit den verschwimmenden Grenzen zwischen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen bringt.

„Die Schamlosigkeit heutiger Schulmädchen kennt keine Grenzen mehr“, mit empörtem Timbre aus dem Off gesprochen, und dann die Nackedei-Bildchen – kennen Sie die Bigotterie der Kicherpornos aus den frühen Siebzigern? Sie hat sich überall gehalten, und besonders blüht und gedeiht sie im Online-Journalismus. So berichteten Spiegel online und Welt.de über eine junge Sportlerin, die zum „Sexsymbol wider Willen“ (SpOn) geworden ist, und versäumen nicht, die entsprechenden Fotogalerien hinzuzufügen. Nachzulesen im Taz-Blog Bildschirmtext.

Höhepunkte (Wortspiel! Wortspiel!) des europäischen Kinos versammelt ein sehr schöner Werbespot, mit dem die EU für die hiesige Filmindustrie wirbt. Natürlich hat die einschlägige Schmierenpresse sich daran hochgezogen. Anschauen!

Sex und Fahrrad – was hat das miteinander zu tun? Zwei Fundstücke aus dem Sexblog bringen zusammen, was nicht zusammengehört: eine witzige Werbung und eine bizarre Begebenheit.

Kommen Sie gut durch die Woche! Vielleicht auch durch die nächste und die übernächste – wir machen ein klein bisschen Urlaub. Ohne Fahrrad diesmal.

Am 3. Juli 2007 von Herbert Braun · Kategorien : Wochenschau


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Wochenschau VI: Die Entfernung von Haaren und Testikeln

Die neue Ausgabe kommt mit geburtstagsbedingter Verspätung. Erst mal ein Nachtrag: Auf die Zensur-Probleme des Foto-Dienstes Flickr wollte ich eigentlich schon in der letzten Ausgabe eingehen, aber das Gedächtnis im Alter … Flickr, Tochterfirma von Yahoo und einer der beliebtesten Online-Dienste überhaupt, hat internationale Ableger gegründet. Der deutsche fiel durch überzogenen Jugendschutz auf und schloss auch harmlose Bilder aus, so dass vielerorts von Zensur gesprochen wurde (Details hier und hier). Offenbar hat man hier amerikanische Moralvorstellungen mit deutscher Rechtsgründlichkeit gepaart. Mittlerweile ist Flickr zurückgerudert, hat aber Federn gelassen.

Wie wild manche Leute auf Erotikmagazine sind, erfahren wir hier. Ich stelle mir einfach vor, dass der Häftling, der für das Abonnement die Unterschrift seiner Verteidigerin fälschte, nicht ohne das Feigenblatt auskommen konnte – auch wenn das bedeuten würde, dass wir damit einen Abonnenten verloren hätten.

In den USA entsteht im Umfeld der Universitäten eine Welle von mehr oder weniger anderen Erotikmagazinen, berichtet Spiegel online. Was man im Netz sehen kann, sieht nicht allzu vielversprechend aus, aber wahrscheinlich schwappt das dann in drei, vier Jahren hier herüber, und die großen Verlage stampfen die Sexheftchen für die jungen Hippen aus dem Boden. Eins gibts ja schon (und damit meine ich nicht das Feigenblatt – wir sind uncool). Außerdem rückt man der Pornografie wissenschaftlich zu Leibe, was sicher sehr spannend ist.

Letzteres erinnert mich, ganz nebenbei, an den Film „Kinsey„, den wir am Sonntag im Mäusekino angeschaut haben. Wie ein Kuchen vom Bäcker ist er unter dem Zuckerguss gehaltvoll und wohlschmeckend – ein ambitionierter Aufklärungsfilm, der ein paar spannende Themen wie die Trennung von Sex und Liebe anspricht. Kinsey, ein Zoologe(!), hat für das Thema seines Lebens durch das Sammeln und Katalogisieren Zigtausender von Gallwespen geübt. Gibt’s auf DVD.

In Deutschland kam der Übersee-Trend der Achsel-, Bein- und Intimrasur mit Verspätung an, aber mittlerweile hat er sich durchgesetzt, berichtet der Spiegel: 81 Prozent aller Großstädterinnen zwischen 20 und 29 praktizieren angeblich Intimrasur (keine Zoten bitte – man hat das durch die Verkäufe von Rasierklingen ermittelt). Inzwischen geht es auch Männern an die Wolle, erfahre ich. Da schlage ich mir gegen die lockige Primatenbrust und sage „ugh“. Hübsch die sprachliche Kreativität der Franzosen: Die weibliche Schamtracht, bei der noch ein Streifchen Haare stehen bleiben, nennen sie „ticket métro“.

Liebe Leserinnen, der letzte Absatz ist für Sie reserviert – denn für sensible, von Kastrationsängsten bedrohte Männer sind diese Meldungen nicht geeignet. Wenn Sie sich mal sehr, sehr über den Mann Ihrer Wahl ärgern, können Sie das und das ja mal in der Fantasie durchspielen – aber bitte auch nur dort.

Bis zum nächsten Mal,
Herbert Braun

Am 26. Juni 2007 von Herbert Braun · Kategorien : Wochenschau


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Gay Bombs, Penisschrumpfung, Teletubbies: die Wochenschau

Die dieswöchige (gibt es dieses Wort?) Ausgabe beginnt mit ein bisschen journalistischer Selbstzufriedenheit: Anlässlich des gefeierten Films „Irina Palm“ hat die Süddeutsche eine Prostituierte entdeckt, die erst mit 51 in diesem Gewerbe angefangen hat. Das freut uns für Lolette, mit der wir letztes Jahr ein ausführliches Interview in Feigenblatt 4 hatten …

Immer mehr Frauen absolvieren Striptease-Kurse, meldet die französische (!) Nachrichtenagentur AFP. Aus dem Bericht erfahren wir, dass es im (prüden?) Taiwan gibt, die angeblich Sexologie studieren. Sicher ein schwieriges Fach.

Aus der Reihe „Wissenschaftler haben herausgefunden“: Wissenschaftler haben herausgefunden, dass 8 Prozent unserer Träume, egal ob Männlein oder Weiblein, Sex zum Thema haben. Und die restlichen 92? Immerhin gibt es ein paar interessante Unterschiede zu den vierzig Jahre alten Studien Kinseys – vermutlich logen die Probanden weniger.

Und noch mehr, äh, Wissenschaft: Der Playboy hat in einer Umfrage ermittelt, dass Sex nur die drittwichtigste Freizeitbeschäftigung der Deutschen ist – nach Essen und Sport. Könnte natürlich auch ein Problem der Playboy-Leser sein.

Schlechte Zeiten für Schwule: In den USA ernennt die Bush-Administration einen Arzt zum obersten Gesundheitsexperten, der streng wissenschaftlich die Widernatürlichkeit von Homosexualität nachweist (so wie ja auch längst bewiesen ist, dass Masturbieren zum Rückenmarkschwund führt), in Russland verprügelt und verhaftet man Schwulenrechtler und in Polen sind vorübergehend die Teletubbies wegen warmer Umtriebe in Verdacht geraten (Tinky Winky, die alte Schwuchtel, mit seiner Handtasche).

US-amerikanische Militärwissenschaftler wollten ihre Homophobie sogar im Krieg einsetzen: 1994 prüfte das Pentagon angeblich die Möglichkeit einer chemische Waffe – eine „Gay Bomb“, die gegnerische Armeen in Schwule verwandeln sollte. Diese (so lautete offenbar der wirre Plan) würden natürlich wegen unkontrollierbarer Triebhaftigkeit sofort übereinander herfallen und keinen militärischen Widerstand mehr leisten können. Zu viel Ralf König gelesen? „None of this appears to be a joke“, meint der Porno-Nachrichtendienst AVN.

Nach diesem tristen Blick in menschliche Abgründe ein unverfänglicher Ausklang – und vielleicht auch ein Trost für die weniger gut gebauten Herren unter uns: Die meist recht unterhaltsame Video-Wochenschau der Kollegen von Telepolis hat die Dokumentation eines Wettbewerbs aufgespürt, bei dem derjenige gewinnt, dessen Penis nach dem Sprung in einen zugefrorenen See möglichst stark schrumpft – „Schildkröten-Club“ nennt sich das. Ja, der Mensch hat es weit gebracht, seit er die Höhlen verlassen hat.

Schönes Wochenende.

Am 15. Juni 2007 von Herbert Braun · Kategorien : Wochenschau


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Verspätete Wochenpost, neues Feigenblatt

Das neue Feigenblatt ist bei der Druckerei. Diesmal war der Endspurt besonders hart, weil wir es in einer Mischung aus Leichtsinn, Dummheit und Pech besonders spannend gemacht haben. Unsere Entschuldigung auch an die Autoren, die wir erst in letzter Minute anschreiben konnten. Am Ende ist aber alles gut gegangen. Ich bin noch zu dicht dran, aber ich glaube, das Heft ist gut geworden. Die Abonnenten können sich nächste Woche davon überzeugen, alle anderen eine weitere Woche später.

Vor lauter Redaktionsstress haben wir sogar den Masturbate-a-Thon verpasst, wo man mit jedem selbst verursachten Höhepunkt für ein Sexualaufklärungszentrum Spenden sammelt. Naja, San Francisco wäre auch ein bisschen weit gewesen.

Die Allgegenwärtigkeit von Pornografie verändert das weibliche Selbstbild, berichtet die Nachrichtenagentur AP in einem lesenswerten Artikel. Das könne sich vor allem bei jungen Frauen ebenso in offensiver, selbstbewusster Sexualität niederschlagen wie in überzogenem Körperkult, Minderwertigkeitsgefühl und hohem Druck, stets sexy zu sein. Eine Soziologin resümiert, dass junge Frauen Lebensart und Privilegien von Männern wollen, aber „das Problem ist: Du bist immer noch eine Frau, und es ist immer noch eine Männerwelt“. Die WDR-Talkshow Mitte Mai zum gleichen Thema habe ich nur ein paar Minuten lang ausgehalten.

Was mich irgendwie zur nächsten Nachricht bringt: Eine früher erfolgreiche deutsche Filmschauspielerin heiratet einen ehemaligen Pornodarsteller, meldete letztes Wochenende eine überregionale Boulevardzeitung auf der Titelseite. Gut, dass wir noch Moralwächter haben, die sich an sowas hochziehen können. Und klar, es gibt auch Exklusiv-Bilder. Mit ein paar Tagen Verspätung war’s auch ausführlich und mit gebührendem Abscheu im Bildblog zu lesen.

Die Sexmesse Venus in Berlin (18.-21. Oktober) scheint davon zu profitieren, dass die Konkurrenzveranstaltung in Paris eingestellt wurde. Die Ausstellerzahlen wachsen, ein Dessous-Bereich könnte die Veranstaltung auch für Besucher interessant machen, die nicht (oder nicht nur) auf hochauflösende Cumshots stehen. Für starke Nerven: Hier der Bericht vom letzten Jahr.

iGasm, OhMiBod, iBuzz – nein, das sind keine neuen Produkte von Apple, sondern höhepunktfördernde Erweiterungen des iPods. Damit keiner denkt, Apple würde sowas herstellen, verklagt (1, 2) der Computerriese die Hersteller der Spielzeuge. Wenn man sich bei Vibratoren von Apple inspirieren lässt, sollte man auch so geschickt sein wie Lelo.

Die Erotikkette Good for Her hat die „Feminist Porn Awards“ für frauenfreundliche Pornos vergeben. „Ja, es gibt eine Menge schlechten Porno da draußen. Aber es gibt auch großartigen Porno von und für Frauen“, meint die Managerin der Ladenkette. Hoffentlich sind die Filme so gut, wie sich das anhört.

Im Sexblog erfahren wir, dass sich Amerikanerinnen ihren G-Punkt mit Collagen aufmöbeln lassen können, um damit im Erfolgsfall öfter zu kommen. Heißt „G-Shot“, klingt wie Penisverlängerung, oder?

Haben Sie noch 18 Minuten Zeit? Dann schauen Sie sich diesen Film an, der mit feinstem britischem Humor die Frage nach der Unvereinbarkeit von Alltag und dem wahren Leben stellt … und Letzteres ist ja auch das Thema unseres Hefts. Und ja, es gibt nackte Frauen, sehr schöne sogar. Für alles andere sollte man gut Englisch verstehen.

Am 10. Juni 2007 von Herbert Braun · Kategorien : Wochenschau