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Guido Argentini: Reflections

Üppige Interieurs in den gedeckten Farben von Luxushotels und Adelsresidenzen, Frauen von perfekter Anmut, deren Nacktheit die High-Heels, Perücken oder Perlencolliers nur unterstreichen: Guido Argentini, der in Florenz und Los Angeles lebt, fängt in seinen Aktfotos aristokratische Dekadenz und den Glamour Hollywoods ein.
Über das Motiv des Spiegels, das diese Werkschau zusammenhält, philosophiert der Fotograf in schönen und klugen Worten, spricht von tibetischem Buddhismus und der Dualität des Ichs. Allerdings steht der Spiegel in erster Linie für Eitelkeit und Schein. So bleibt dem Betrachter in diesen Inszenierungen sich selbst genügender Schönheit nur die Rolle des Voyeurs; anders als etwa bei Bettina Rheims oder Roy Stuart durchbricht Argentini kaum einmal die Oberfläche. Und diese Oberfläche ist wie das Silber, das er im Namen führt, ein wenig kalt, aber glänzend und makellos. Unter den Playboy-, GQund Max-Fotografen ist er das Maß der Dinge, die Ästhetik glatter Vollkommenheit fängt er wie kein Zweiter ein.

Am 7. Januar 2008 von Herbert Braun · Kategorien : Bildbände


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Marco Bertin: Masquerade

Der venezianische Maskenball hat sich als Ort der kultivierten Ausschweifung im Bildergedächtnis festgesetzt: Die prächtigen Kleider und Perücken machen ihn zu einem exklusiven Ort, an dem eine aristokratische Gesellschaft, verborgen hinter greller Schminke und aufwendig verzierten Masken, eine düstere, dekadente Sexualität inszeniert und auslebt.
Der Veroneser Marco Bertin fängt seit Ende der 80er-Jahre diese Stimmung ein, in der das Schöne und das Lächerliche, das Alte und das Junge, das Zarte und Derbe sich ebenso zu einer provozierenden Mésalliance vereinen wie die lebhaften Farben der Kostüme mit dem düster dunkelgrünen Hintergrund, der all die Exzesse in ein merkwürdig trostloses, einsames Licht taucht.
Wie üblich in dieser Reihe legt der Verlag dem Bildband vier CDs mit passender Musik „from Vivaldi to Verdi“ bei. Die ersten beiden untermalen das kalte Fieber der Bilder geschmackssicher mit italienischer Klassik und Belcanto, vor allem die letzte wird dagegen zu einer wahllosen Best-of-Klassik-Klangtapete, die immerhin souverän eingespielt ist.

Am 7. Oktober 2007 von Herbert Braun · Kategorien : Bildbände


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Jeff Marano: Eros

Eines der beliebtesten Attribute in der erotischen Literatur ist „makellos“ – ein Attribut, das sich beim Durchblättern der Fotos von Jeff Marano geradezu aufdrängt. Auf den über 100 Männerbildern ist weniger Fett zu sehen, als ein einziger Hamburger enthält, und nur zu gerne tummeln sich all die Waschbrettbäuche mit den teils herb-maskulinen, teils jungenhaft glatten Gesichtern bei Sonnenschein am Strand.
Viel verdankt Marano den schnörkellosen Schwarzweiß-Arbeiten von Herb Ritts und Richard Avedon. Die männliche Ästhetik der Calvin-Klein-Unterhosenwerbung brachte das frühere Modell zur Fotografie. Diese Vergangenheit sieht man den Bildern an, die sich nicht zwischen Akt- und Modefotografie entscheiden können.
Auf ein paar Bildern traut sich Marano ein wenig mehr und bricht die schöne, glatte Oberfläche auf, um einer etwas fragileren, persönlicheren Schönheit Platz zu machen. Bleibt zu wünschen, dass seine künftigen Arbeiten dort anknüpfen – schöne Männerfotos gibt es ja nicht so viele, Unterhosen-Werbung dagegen genug.

Am 7. Oktober 2007 von Herbert Braun · Kategorien : Bildbände


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Thomas Karsten: Model Years

Thomas Karstens neuer Fotoband hat ein doppeltes Gesicht. Vom Schutzumschlag schaut den Käufer eine schöne Frau an, ein professionelles Fotomodell mit Sicherheit in Ausdruck und Geste. Nimmt man den Umschlag ab, so taucht auf dem Einband ein Mädchen aus einer Badewanne auf, neugierig und ein wenig verletzlich trotz ihrer auffälligen Tätowierungen und Piercings.
Auch wenn das jüngste Buch Karstens das allzeit perfekte Model im Titel führt, bleibt sich der meistpublizierte Aktfotograf Deutschlands treu. Er lichtet nicht nur hauptberufliche Fotomotive ab, sondern gibt auch jungen Frauen eine Chance, die beim Heidi-Klum-Casting nicht mal durch die Vorrunde kämen. Allen lässt er viel Freiraum zum Ausleben ihres persönlichen Exhibitionismus – entsprechend vielfältig geraten die Bilder, steht Unschuld neben Provokation, Natürlichkeit neben Verführung. Im Gegensatz zur zeitlosen Intimität seiner Schwarzweiß-Bücher beweist Karsten wie zuletzt in „Colors of Sex“ Mut zur Farbe, zum Experiment, zum Spiel. Ein Almanach weiblicher Fantasie, Eitelkeit und Körperbewusstseins.

Am 7. Juli 2007 von Herbert Braun · Kategorien : Bildbände


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Hans Bellmer

Während die Picassos, Dalís und Magrittes längst in jedem Kunstdruckladen angekommen sind, hat sich das Schockierende an den Arbeiten ihres Zeitgenossen und Weggefährten Hans Bellmer erhalten. Seine Zeichnungen, Fotografien und Objekte verstoßen gegen alle Tabus. Sie verschmelzen Menschen mit Dingen, Männer mit Frauen, kindliche Unschuld mit sadistischer Gewalt, als gelte es, mit den Mitteln des Traums die menschliche Anatomie zu erforschen. Ebenso von Freud wie von Sade beeinflusst, kreierte der ewige Außenseiter sexuelle Albträume aus Puppen und Torsi. Das Verstörendste daran ist vielleicht die exakte Technik der feinen Bleistiftlinien, die ingenieurhafte Präzision in der Versuchsanordnung.
Gut dreißig Jahre nach Bellmers Tod zeigten die Staatliche Graphische Sammlung München und Londons Whitechapel Art Gallery letztes Jahr die größte Retrospektive zu seinem Werk außerhalb seiner Wahlheimat Frankreich. Der Katalog dazu versammelt über 200 Bilder aus 35 Jahren, kompetent eingeleitet und mit ausführlicher Chronologie versehen.

Am 7. Juli 2007 von Herbert Braun · Kategorien : Bildbände


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Dita von Teese: Die Kunst der Burlesque – Die Kunst des Fetisch

Sie hat es nicht gern, wenn man sie Stripperin nennt: Dita Von Teese, der Star der erotischen Selbstinszenierung, bevorzugt Berufsbezeichnungen wie „Burlesque-Tänzerin“. Sie posierte für den Playboy wie für Gaultier und lieferte durch ihre Scheidung von Marilyn Manson der Klatschpresse Stoff. Ihr Buch lässt sich von zwei Seiten lesen: auf der einen der kompromisslose Glamour von Burlesque-Revuen und Filmgöttinnen der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, auf der anderen High Heels, „gefesselte Jungfrauen“ und enge Korsagen. Die Bilder verraten außerordentliche Liebe zum Detail und ein Talent zu immer neuen Rollen.
Von Teese, geborene Heather Sweet, hat aber auch eine Menge zu erzählen: über das komplexe Spiel von Enthüllung und Erregung zum Beispiel, über Fetische als sichtbare Zeichen von Verborgenem oder über die Geschichte des Burlesque- Tanzes. Und schließlich gibt sie in Form von Checklisten („Aussehen wie ein Vamp der zwanziger Jahre“) praktische Tipps für die Verwandlung in eine Sex- Göttin. Perfektes Make-up, erstaunlich viel dahinter.

Am 7. April 2007 von Herbert Braun · Kategorien : Bildbände


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The New Erotic Photography

Ein gewagtes Projekt, das sich Fetisch- Fotograf Eric Kroll, Erotik-Expertin Dian Hanson und Verleger Benedikt Taschen vorgenommen hatten: die hundert aufregendsten zeitgenössischen Erotikfotografen der Welt in einem Band vorzustellen. Am Ende sind es „nur“ 82 geworden, doch auch so gerät der dreisprachige Almanach imponierend. Zu den bekanntesten Namen zählen neben Kroll selbst Jan Saudek, Guido Argentini, Richard Kern und der im Feigenblatt bereits ausführlich gewürdigte Thomas Karsten. Dezente Aktbilder stehen neben dunkel Andeutendem, Glamouröses neben Intimem. Auffällig viele der schrofferen Bilder stammen von den etwa 15 Fotografinnen.
Aufschlussreich ist die Debatte um Erotik versus Pornografie, zu der die Herausgeber die Fotografen befragt haben und die Dian Hanson in ihrem sehr lesenswertem Vorwort weiterführt. Kleiner Wermutstropfen: Männer finden sich auf den Bildern allenfalls als Statisten wieder, Erotik bleibt auf den weiblichen Körper beschränkt. Ansonsten ein wunderbarer Band zum Blättern und Entdecken!

Am 7. April 2007 von Herbert Braun · Kategorien : Bildbände


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Pierre et Gilles: Göttliche Körper

Katholische Heilige, ägyptische Pharaonen, hinduistische Gottheiten, zeitgenössische Pop-Ikonen – in ihrem grotesk-naiven Plüschparadies feiern Pierre et Gilles Schönheit und Fantasie. Seit 30 Jahren leben und arbeiten die beiden „Hohepriester des Kitsch“, der Fotograf Pierre Commoy und der Maler Gilles Blanchard, zusammen. Die Modelle sind so vielfältig wie die Motive: Bekannte Gesichter wie die von Naomi Campbell, Marilyn Manson oder Nina Hagen stehen neben unbekannten Charlys und Didiers. Eines haben sie alle gemein – sie sind schön. Ob nackt oder verhüllt, ob entrückt gen Himmel blickend oder neckisch in die Kamera, sie alle verklären Sinnlichkeit zum Spirituellen.
Es ist die auf den ersten Blick blasphemische Vereinigung von Religion und Sex, die den besonderen Reiz des Buches ausmacht. Das Körperliche zeigt sich in Vollkommenheit und Begehren, in der Versuchung des Bösen oder im Leid des Märtyrers.
„Göttliche Körper“ ist ein großartiges erotisches Vergnügen: Neben geistiger Nahrung bietet es freizügige Bilder sehr schöner Frauen und (vor allem) Männer. Und, nicht zuletzt: Wer Kitsch sucht, wird ihn hier reichlich finden.

Am 7. Januar 2007 von Ruth Stehle · Kategorien : Bildbände


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Ellen von Unwerth: Couples

Der Lust an der Zweisamkeit widmet Ellen von Unwerth ihren erstmals 1998 erschienenen Fotoband. Die teils erotischen, teils komischen Doppelporträts zeigen keineswegs nur Hetero-Liebespaare: Männer- und Frauenpärchen, Freunde und Partybekanntschaften, Alte mit Jungen, Mütter und Väter, Kinder und Tiere, die Schönen und Reichen und die weniger Schönen, weniger Reichen – alle sehen sie glücklich aus, denn sie sind nicht alleine.
Unbekümmert mischt die Österreicherin, die einst selbst als Modell arbeitete, Humorvoll-Freches, Promi-Aufnahmen und klassische Aktfotos. Bei letzteren steht sie in der Nachfolge Helmut Newtons; wie er begann sie mit Modefotografie. Eine Fotostrecke mit einer unbekannten 17- Jährigen namens Claudia Schiffer machte Fotografin und Modell berühmt.
Trotz all des Glamours bleiben Unwerths Bilder warm und lebendig. Das gilt auch für ihre Star-Fotos. Catherine Deneuve, Kate Moss, Naomi Campbell oder Jamiroquai, alle scheinen zu sagen: Ich bin auch nur ein normaler Mensch wie die vielen Namenlosen, die hier porträtiert sind. Ein unverkrampftes, lebensbejahendes Buch.

Am 7. Januar 2007 von Anja Braun · Kategorien : Bildbände


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Vee Speers: Bordello

Dekadenz, Rausch und Nostalgie fängt der Bildband der renommierten Fotografin Vee Speers ein. Die Fotos erzählen lasterhafte Geschichten, scheinen wie Momentaufnahmen aus verschollenen, verbotenen
Zwanziger-Jahre-Filmen – Geschichten, die vor theatralischer Kulisse in einer Scheinwelt aus Dunkelheit und Verführung inszeniert werden. Tatsächlich hat die Australierin als Fotografin beim Film gearbeitet, bevor sie nach Paris gezogen ist. Dort ließ sie sich vom Nachklingen der verruchten Vergangenheit der Stadt inspirieren.
Teilweise imitiert Speers die Kostüme, Accessoires und fotografischen Techniken der zwanziger Jahre detailgetreu, doch geht es ihr nicht um historische Exaktheit. Vielmehr fängt sie eine Stimmung von opulenter Verlorenheit ein – eine Welt hinter verschlossenen Türen, wie es Karl Lagerfeld im Vorwort ausdrückt.
Der Verlag der deutschen Ausgabe, ein Ableger der Plattenfirma Edel Music, steuert zu dem großformatigen Band auch gleich die passende Tonkulisse bei. Auf vier CDs gibt es Edith Piaf, Charles Trenet, Yves Montand und andere Chansonniers zu hören.

Am 7. Oktober 2006 von Herbert Braun · Kategorien : Bildbände