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Böse Männer, gute Frauen?

Die Zeit empört sich gerade über die Sextipps in Männerzeitschriften. Aufhänger: In der aktuellen „Men’s Health“ erfahre der Leser, „dass Frauen aus erotischen Gründen gerne ein bisschen gewürgt würden“. In Frauenzeitschriften würden Männer dagegen grundsätzlich nicht abgewertet, hier herrsche ein „freundschaftlicher Ton“.
Nun habe ich persönlich kein Interesse, meine Sexpartner zu würgen oder von diesen gewürgt zu werden, und ich mag auch Männerzeitschriften nicht besonders – aber dieser oberflächliche Empörungsartikel in der Zeit hat mich geärgert, weil ich von dort Besseres gewohnt bin.
Die Verallgemeinerung, dass alle Frauen auf Gewürgtwerden stehen, geht aufs Konto der Zeit-Autorin, die den Lesern von Men’s Health auch nicht das geringste Ironieverständnis zutraut. Und dass sie offenbar noch nie von dieser Sexpraktik gehört hat, macht ihr Entsetzen ein bisschen lächerlich. Zum letzten Mal gesehen habe ich diese Praktik übrigens in einem (authentischen) Lesben-Porno, den ich mir aus beruflichen Gründen (Näheres dazu nächste Woche!) ansehen musste.
Mich als Mann machen Frauenzeitschriften latent aggressiv. Ich habe den Eindruck, dass sie – vielleicht von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen – ihre Leserinnen für dumm verkaufen. Die Aggressivität, die die Zeit den Männermagazinen vorwirft, finde ich dort auch, aber gegen die eigenen Leserinnen gerichtet: in Form von Diättipps, unerreichbaren Schönheitsidealen und mörderischen Schuhen.
Männer- wie Frauenzeitschriften leben davon, dass sie ein Geschlechterklischee als Idealbild hinstellen. Die Leserinnen und Leser wissen das auch und genießen die Erholung einer flachen, bunten Scheinwelt, wo Männer wie George Clooney und Frauen wie Julia Roberts aussehen (nur jünger). Ernst nimmt sowas doch kein Mensch (hoffe ich).
Jedenfalls bezweifle ich, dass wegen Men’s Health demnächst die Zahl der beim Liebesspiel erwürgten Frauen steigen wird. Auch wenn es vielleicht nicht sehr clever ist, den Leuten sowas als Tipp mitzugeben.

Autor: Herbert Braun

Mitherausgeber des Feigenblatt Magazin und sowas wie der Chefredakteur.

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