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Weltfremde Verfassungshüter

Wer Inhalte für Erwachsene (denken Sie jetzt ruhig an Pornos) ins Internet stellen will, muss dafür ein aufwendiges Altersverifikationssystem einrichten – typischerweise das sogenannte Postident-Verfahren, bei dem man den potenziellen Besucher zur Post schickt, wo er sich ausweisen muss. Das gilt aber nur für deutsche Website-Betreiber. Anderswo macht man sich nicht so viele Sorgen um die Seelen der Jugendlichen, so dass heute jeder Zwölfjährige weiß, wo man Nahaufnahmen von jeder noch so bizarren Sexualtechnik kriegen kann.

Das Bundesverfassungsgericht hat jetzt die Gelegenheit verstreichen lassen, dieser Groteske ein Ende zu setzen. Es hat die Verfassungsbeschwerde dreier Porno-Unternehmer gar nicht erst angenommen. Ich bin nicht der Ansicht, dass Pornografie in die Hände von jungen Teenagern gehört und meine Sympathien für die Pornoindustrie sind begrenzt. Aber diese Entscheidung hilft niemandem und verhindert eine halbwegs kontrollierbare inländische Industrie für Erwachsenenunterhaltung. Das Postident-Verfahren ist umständlich, teuer und schreckt Kunden ab; eine Altersverifikation etwa durch die Kreditkartennummer wäre realistisch und ausreichend.

Vielleicht sollten sich die Beschwerdeführer an die europäischen Wettbewerbshüter wenden. Die Pandora-Büchse mit den verbotenen Inhalten ist schon lange offen, und der Deckel ist weg.

Autor: Herbert Braun

Mitherausgeber des Feigenblatt Magazin und sowas wie der Chefredakteur.

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