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Rodin: Erotische Zeichnungen

Auguste Rodin ist uns als Bildhauer der sinnlichen Bewegtheit in Erinnerung. Bei aller Dramatik der Form scheint Marmor und Bronze etwas Antiseptisches anzuhaften – der Bürgerschreck und Erotomane Rodin lässt sich hinter dem „Kuss“ oder dem „Denker“ nur schemenhaft erahnen. Sehr viel unmittelbarer vermitteln seine erotischen Skizzen das heißblütige Temperament ihres Schöpfers und die Freizügigkeit in seinem Atelier. Eine kleine Auswahl dieser lange unter Verschluss gehaltenen Zeichnungen ist jetzt in diesem bibliophilen Bändchen erschienen.
Um die Jahrhundertwende beginnt der alternde Rodin mit diesen Skizzen. In ihrer gierigen Flüchtigkeit lassen sie die körperliche Nähe zu den Modellen spüren. Oft sind die Bilder im Spannungsfeld zwischen klassischem Schönheitsideal und Pornografie mit hastigen Tupfen Wasserfarbe koloriert; einige sind ausgeschnitten.
Als der Kunstkenner und Schriftsteller Harry Graf Kessler diese Zeichnungen 1906 im Weimarer Kunstmuseum zeigte, kostete ihn der Skandal seinen Posten als Museumsleiter. Schön, dass wir da heute weiter sind.

Autor: Herbert Braun

Mitherausgeber des Feigenblatt Magazin und sowas wie der Chefredakteur.

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