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Feigenblatt 11, Teil 2: Über den Pornobalken

Einige Leser haben sich über die schwarzen Balken auf Seite 40/41 gewundert. Die Erklärung dafür sind ein paar unschöne Erfahrungen, die wir mit dem letzten Heft gemacht haben: Wegen eines (bereits in einem Buch publizierten!) künstlerischen Männeraktes mit zwei halberigierten Penissen (für die Abonnenten: Seite 42) konnte Feigenblatt Nr. 10 nicht überall verkauft werden. Als wir das erfahren haben, wussten wir nicht, ob wir lachen oder weinen sollten.

Ausschnitt Feigenblatt Nr. 11 - Copyright Feigenblatt

Es fühlt sich komisch an, die Jugend zu gefährden: mit schmierigen Bildern und schmutzigen Texten, heimlich an der Straßenecke verhökert, die Seelen wehrloser 16-Jähriger zu zerstören, die bekanntlich massenhaft unsere Zeitschrift lesen, weil sie sonst ja nicht an Nacktfotos herankämen …

Ein bisschen absurder wird es noch dadurch, dass Feigenblatt 10 (soweit wir bisher sehen konnten) unser bisher mit Abstand bestverkauftes Heft werden dürfte. Trotzdem wollten wir diese Erfahrung nicht noch einmal machen und ließen unser Heft vorher anwaltlich begutachten.

Bei den Bildern wussten wir jetzt wie es läuft: keine Ständer, keine Spalten (es sei denn, es ist Kunst. Kunst erkennt man daran, dass der Fotograf schon mal auf der Documenta ausgestellt hat. Es hilft auch, wenn das Modell gefesselt oder sonstwie gedemütigt wird). Aber was sind pornografische Texte?

Wir haben uns letztlich entschlossen, einen Text abzulehnen, der relativ heftig war – obwohl er zum Heftthema gut passte und die literarische Qualität stimmte. Bei einem weiteren Text – der ironischen Transkription eines 70er-Jahre-Pornos von Crauss – haben wir die bösen, bösen Worte eingeschwärzt (wie ich es früher mal hier gemacht habe, damals aber ohne Not).

Am albernsten fand ich, dass wir eine Liste mit Experten-Empfehlungen für paartaugliche Pornos nicht drucken durften. Es ist nämlich nicht nur verboten, Pornofilme offen zu zeigen, auch die Werbung dafür (und als solche könnte man so eine Liste auffassen) geht nicht. Die dauergeilen Omas, die ihre 0900-Telefonnummern in gewisse Zeitungen setzen, scheinen dagegen kein Problem zu sein. Ich bin auch in einem Kommentar im Heft darauf eingegangen.

Das Problem ist: Wenn in einem oberbayrischen Supermarkt (ich bin ethnically Bavarian, ich darf das sagen) der pensionierte Dorfpolizist im Einsatz für Sitte und Moral das Feigenblatt durchblättert und uns anzeigt, ist der Händler unglücklich, der Presse-Grossist unglücklich, unsere Vertriebsfirma unglücklich und wir vermutlich bankrott, weil uns die Anwaltsrechnung erledigt. Und Gerichtsverfahren sind Glückssache.

Das System sieht eine Zeitschrift wie das Feigenblatt nicht vor. Deshalb machen wir es.

Autor: Herbert Braun

Mitherausgeber des Feigenblatt Magazin und sowas wie der Chefredakteur.