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Die 13. Wochenschau: Sex, Essen, Meinungsfreiheit

Immer wenn man denkt, man kennt schon alles, kommt was Neues. Pornos mit Lebensmitteln zum Beispiel. „Mehr als die typische Phallus-Gurke“, sagt der Marketing-Chef von FoodBangers – ein komplettes Grillhähnchen spielt mit! Immer noch besser als das Gegenteil … den Branchenheften zufolge, die Anja von der Venus mitgebracht hat, ist Skatologie (wenn Sie noch nicht wissen, was das ist, wollen Sie’s auch nicht wissen) ein Riesenmarkt. Schöne Scheiße.

Ebenfalls obszön sollen die Geschichten einer zurückgezogen lebenden, behinderten Großmutter sein – und zwar so sehr, dass die USA erstmals seit 1973 versuchen, einen Text gerichtlich aus dem Verkehr zu ziehen (Fotografen und Filmemacher erwischt es freilich öfter mal). Karen Fletcher, in ihrer Kindheit selbst Opfer von sexuellem Missbrauch, beschreibt die Folter und Ermordung von Kindern. Ihr Anwalt meint, wer Texte verbiete, verbiete auch Gedanken – den Amerikanern ist Redefreiheit ein hohes Gut. Pikantes Detail: Angezeigt hat die Dame der Bezahldienst PayPal, den sie auf ihrer Website nutzte.

Mit Redefreiheit hat man hüben wie drüben gerade Probleme: In den USA wie auch hier sind Gesetze auf dem Weg, die den Sumpf der Kinderpornografie austrocknen wollen – nur sind sie so vage formuliert, dass sie Kunst- und Redefreiheit bedrohen.

Es gibt aber auch Unterschiede: Ein US-Berufungsgericht hat Porno-Websites von der Nachweispflicht befreit, dass alle dort zu sehenden Akteure volljährig sind – das hätte nämlich das Ende von Anwender-generierten Porno-Sites wie YouPorn bedeutet.

In Deutschland ist dagegen die erwähnte einstweilige Verfügung, die den Zugangsprovider Arcor zur Sperrung von YouPorn wegen fehlender Altersverifikation zwingen sollte, tatsächlich vom Landgericht Frankfurt erlassen worden. Man kann bedauern, dass andere Staaten eine laxere Auffassung vom Jugendschutz haben als Deutschland – aber mit dieser Entscheidung begibt sich die deutsche Rechtssprechung in die Gesellschaft von autoritären Staaten wie China.

Das leitet ganz zwanglos zu dem Boykott über, zu dem ein katholischer Bischof bei einem Aufklärungs-Musical für Vorschulkinder aufruft. Eine „einseitige Ausrichtung der Sexualität auf körperliche Zusammenhänge“ wirft der Herr Bischof diesem Projekt der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung vor – man muss sich das mal auf der Zunge zergehen lassen.

Ebenfalls schräg: Er liebt Computerspiele, sie möchte sich massieren lassen. Passt nicht zusammen? Doch, meinten zwei findige Österreicherinnen und erfanden das „Massege-Me-Jacket“, quasi ein Joystick zum Anziehen für verspannte Daddler-Freundinnen.

Vermischtes in Kürze: Silke Maschinger war auf dem Pornofilmfestival, das parallel zur Venus in Berlin stattfand, und erzählt von einem verzwickten Fall, bei dem sich ein heiratswilliges Paar erst einmal scheiden lassen muss.

Bei Telepolis erfahren wir nicht nur, dass es schwule Fadenwürmer gibt, sondern auch, dass sich diese Neigungen durch Eingriff in die Nervenzellen abstellen lässt. Wie schon Dr. Holm (hieß wirklich so) wusste: Homosexualität ist heilbar.

Kambodscha droht Untreuen mit einer Haftstrafe. Sigrid Neudecker empört sich über Pole-Dancing-Kurse für Siebenjährige.

Eine Krankenschwester in Australien gibt Bergleuten Nachhilfe in Sachen Erotik. Ein gewisser älterer Herr fühlt sich diskriminiert, weil eine 58 Jahre jüngere Frau nicht mit ihm schlafen will, und will deshalb angeblich einen Prozess anstrengen. Wirklich bitter dagegen: Der Spiegel berichtet vom Elend auf Berlins Billig-Straßenstrich.

Zum Schluss noch Lust auf einen sehr seltsamen Film? Bitte sehr (via Lust und mehr).

Autor: Herbert Braun

Mitherausgeber des Feigenblatt Magazin und sowas wie der Chefredakteur.