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Olaf neopan schwanke: Verse. Voll. Jetzt

Viel hat Olaf neopan Schwanke veröffentlicht, vieles aber viel zu privat auf ausgesuchten Papieren in kleiner Auflage. Aus dieser Privatheit kommt der Malerdichter mit „Verse. Voll. Jetzt“ heraus, um sie öffentlich zu zelebrieren. Es geht um Sehen in diesem Buch erotischer, poppiger Poesie: Anschauen, Sichselbst-Betrachten, Herzeigen und Gesehenwerden. Das Pralle, aber auch das Triste des Ländlichen ist Schwanke nahe. Die Unveränderlichkei der Dinge lässt ihn seufzen über all das Unausgelebte. Erfüllun oder ein Entfliehen aus der Provinz gibt es nicht. Und doch steckt viel Dorfbehagen in diesen Versen. Das Geile ist sicher, es stammt aus Bildern und Mythen. Lieblingsmythos bleibt ihm eine nicht mehr greifbare Jugend und die Kunst, nicht dari stecken zu bleiben: „Banale Schwärmerei, ein Nostalgievergehen.“ Und der Feingeist im Dichter weiß im rechten Moment, deutlich zu werden: „Für die Länge einer Latextüte / wird wer Sau.“ Das Bewusstsein, dass auch der geilste Augenblick oft nur Sekunden dauert, verhindert ein Lamentieren übers Altern und schlägt aus Mythen pulsierend gegenwärtig Poesie. [Rezension von Crauss]


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Anton G.Leitner (Hrsg.): Zu mir oder zu dir?

Kleine Bücher mit kleinen Gedichten für das schönste und schlimmste Gefühl der Welt gibt es in rauen Massen, und meistens finden sich darin vielgesagte (und rechtefreie, also kostengünstige) Verse von Heine, Goethe, Eichendorff, Rilke, Ringelnatz. Diese Namen fehlen auch unter den vom Lyriker Anton Leitner gesammelten Texten nicht, aber immerhin sind sie in der Minderheit. Den größeren Teil der verliebten Verse schrieben Gegenwartsdichter, von denen etliche auch im Feigenblatt zu lesen waren (Said, Crauss, Xóchil, Maik Lippert). Entsprechend breit ist das Spektrum der Stimmungen und Stile: Verspielt Scherzendessteht neben verbitterten Zeilen, auf Frivoles folgt das sinnierend Gefühlvolle. Zwischen zweifellos tief empfundenen Banalitäten und hermetischen Versen, wie sie in derartigen Anthologien normalerweise nicht zu finden sind, bezeugen die Texte die Vielfalt lyrischer Ausdrucksweisen. Nicht immer passt das besonders harmonisch zusammen. Aber gut, das kann man von Liebespaaren auch nicht in jedem Fall behaupten.


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Ina Paul: In mir und um mich wolkenwarme Nässe

Sonette? Ist das nicht ein wenig altmodisch? Und dann noch ein ganzes Buch davon? Im Vorwort erzählt Ina Paul von ihren „Sieben Lieben“, die ihr in einem langen Leben begegnet sind. Der erste war ein schwarzer britischer Schauspieler. Als der beginnende Kalte Krieg der Teenagerliebe ein Ende setzte, verabschiedete er sich mit einer Shakespeare-Ausgabe. Mit 154 Sonetten.
Die ehemalige Dramaturgin findet in ihrem dritten Gedichtband zu einer Sprache von sinnlicher Dichte und zeitloser Eleganz, die sich meist widerstandslos in das enge Korsett von Metrum und Reimschema schmiegt. Die Form ist streng, aber sie behindert nicht, sie „hält und trägt“. Die Gedichte handeln von Sex, von Liebe, vom Warten, altersweise und mit unverbesserlicher Lebenslust.
„Wenn ich es könnte, könnte ich dir sagen, was ich empfinde, wenn ich mich vergesse“, beginnt das Gedicht, aus dem der Buchtitel stammt. Und der Leser spürt in jedem Sonett den mit größter Offenheit unternommenen Versuch, das Unsagbare zu sagen.

Am 7. Oktober 2006 von Herbert Braun · Kategorien : Lyrik