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Rankin’s Cheeky

Wer nach Beweisen sucht, dass Rankin in der ersten Liga der Aktfotografen angekommen ist, muss nur die Vorworte dieses Buches aufschlagen – die stammen nämlich von Playboy-Chef Hugh Hefner und Heidi Klum, in deren „Topmodel“-Sendung viele diesen britischen Fotografen zum ersten Mal gesehen haben dürften.
Der doppeldeutige Titel meint keine Po-Fixierung: „Rankin ist frech“, kann er auch bedeuten, und verspielt und fantasievoll sind diese Fotos allemal. Eine Polizeimütze, eine Banane oder eine Krawatte werden zu frivolen Requisiten, und die versammelten Supermodel-Schönheiten scheinen dabei ihren Spaß zu haben. Rankins Kamera fängt Nahaufnahmen aus ungewohnter Perspektive und originelle Posenbilder mit Glamour-Anstrich ein – meist vor neutralem Hintergrund, aber auch die Natur oder plüschige Hotelzimmer dienen als Kulisse.
Bei aller Zwanglosigkeit geht es hier nicht um Natürlichkeit. Das Chaos ist gebändigt, die Frauen wirken perfekt wie aus einer anderen Welt. Dass Rankin sein Geld als Werbe- und Modefotograf verdient, ist unübersehbar – aber auch, dass er zu den kreativsten Köpfen seiner Branche zählt.

Am 11. Dezember 2009 von Herbert Braun · Kategorien : Bildbände


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Nude Visions: 150 Jahre Körperbilder in der Fotografie

Gerade erst ist die Ausstellung „Nude Visions“ im Münchner Stadtmuseum, die wir im letzten Feigenblatt vorgestellt haben, zu Ende gegangen. Wer sie verpasst hat, kann sich mit dem preiswerten Ausstellungskatalog trösten, der den Rückblick auf 150 Jahre Aktfotografie ausführlich dokumentiert.
Die einleitenden Essays fassen die Spielarten der Aktfotografie des 19. Jahrhunderts zusammen und richten den Fokus auf einzelne Künstler. Auch Themen wie Nudismus, das Spannungsfeld zwischen Kunst und Pornografie oder der Männerakt kommen zur Sprache.
Der 250 Seiten starke Bildteil ist in sieben Abschnitte gegliedert, teilweise nach Themen (FKK, Glamour), teilweise nach Epochen. Während sich die Anfänge fast unbeholfen an klassischen Schönheitsidealen abarbeiteten, bringen die 20er- Jahre Frische und Experimentierlust in die Aktfotografie. Je näher die Bilder der Gegenwart kommen, desto weiter öffnet sich die Kluft zwischen Ästhetisierung und der scheinbar spontanen, bewusst lieblosen Inszenierung. Werklisten und Kurzbiografien komplettieren diesen vielseitigen Überblick.


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Lope Navo: Stark

Sonne, Strand, Schweiß auf gemeißelter Männerhaut, perfekte Körper in engen amerikanischen Markenunterhosen: Auf den ersten Blick scheinen Lope Navos Aktfotografien aus einem Standardwerk über die Erregungskurve weiblicher Sexualität zu stammen. Der gebürtige Philippine hat sich als Werbefotograf einen Namen gemacht und vermarktet in seinem ersten Bildband gekonnt das Objekt Mann: Tätowiert, rasiert und ungenügend bekleidet räkeln sich seine Adonisse vor hollywoodtauglicher Ferienkulisse.
Nach kurzem Blättern drängt sich aber eine Art Big-Mac-Gefühl auf: Ist der Heißhunger gestillt, überwiegt das Bedürfnis nach „etwas Richtigem“, einer Scheibe Vollkornbrot, einem echten Kerl. Navos Adonisse entsprechen dem klassischen Schönheitsideal, wirken durch ihre Gelangweiltheit aber vollkommen leidenschaftslos. Manchmal springt aber doch ein Funke Sex-Appeal über oder gewährt ein Bild Einblick in Navos ironische Seite: „Stark“ lässt sich als Parodie auf die übersexualisierte Darstellung des männlichen Körpers in der Werbung betrachten – ode eben als Bildband mit schönen Männer in schöner Umgebung.


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Petter Hegre: Tuscany Nudes

Da kann eigentlich nicht viel schiefgehen: Ein bekannter und erfolgreicher Aktfotograf arbeitet mit einem Dutzend Top-Models in einer Villa mitten in einer der reizvollsten Landschaften der Welt, der Toskana. Tatsächlich ist dieses Buch sehr schön geworden, nahezu perfekt – nur ist es keine Schönheit, die berührt, die beunruhigt oder gar wehtut.
Wenn diese glattrasierten Fotomodelle im Pool oder auf der sonnenbeschienenen Veranda dem Betrachter ihre makellosen Körper präsentieren, bleibt nicht ein Funken Geheimnis von ihnen übrig. Man hat den Eindruck, dass Hegre ebenso gut Obst oder Möbel fotografieren könnte. Die Weinreben, Olivenbäume und Gartenskulpturen haben mehr Persönlichkeit als diese Frauen.
Ab und zu findet Hegre aber auch ungewöhnliche Posen oder es blitzt ein bisschen Ironie auf. Mitunter ist sein Arrangement so überzeugend, dass einen diese kühle Vollkommenheit doch noch mitnimmt. Und wenn er seine Modelle lustvoll in die Weinkelter eintunkt, stellt der Betrachter erstaunt fest: Diese Frauen sind ja aus Fleisch und Blut.


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Fred Gourdon: Virility

Der „Virility“, der Männlichkeit, ist der französische Mode- und Werbefotograf Fred Goudon mit seinem neuesten Bildband auf der Spur. Wahre Männlichkeit erschöpft sich nicht in dumpfer Muskelprotzerei und aufgeplustertem Imponiergehabe – sie zeigt sich als Gleichgewicht von Kraft und Sensibilität, selbstsicher und lässig. Goudon begleitet seine makellos schönen Modelle in privaten Momenten des Mannseins: auf dem Bolzplatz, in der Umkleidekabine, unter der Dusche, beim Schwimmen, entspannt zuhause auf dem Sofa.
Mal ist die Kamera scheinbar unbemerkt im Raum, mal hat das Modell Blickkontakt mit ihr, locker und vertraut wie mit einem guten Freund. Nur gelegentlich schleicht sich die eine oder andere Macho-Pose ein. Schwarzweißbilder dominieren, doch auch bei den farbigen Bildern geht es eher gedeckt als grell zu.
„Virility“ ist wie ein langer Sommertag, an dem Frauen mit Lust auf schöne Männer ihr Vergnügen haben werden. Apropos: Wer den Film „Sex and the City“ aufmerksam angesehen hat, wird vielleicht einen der Nebendarsteller wiedererkennen.


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Schön nackt: Aktfotografie in der DDR

Dass die DDR in sexueller Hinsicht relativ liberal war und eine lebendige Aktfotografenszene besaß, ist eine mittlerweile in vielen Berichten und Essays aufgearbeitete Tatsache. Mit „Schön nackt“ unternimmt der zur Eulenspiegel-Gruppe gehörende Verlag den angeblich ersten Versuch, diese Szene in einem Bildband zu würdigen.
Unter den 18 Fotografen dürften Günter Rössler und Günter Gueffroy die bekanntesten Namen sein; allerdings fehlen Klaus Ender und Thomas Karsten. Abgesehen von wenigen Beispielen aus den 60er-Jahren stammen die durchgehend schwarzweißen Fotos aus den letzten beiden DDR-Jahrzehnten. Die meisten sind in natürlicher Umgebung aufgenommen, oft im Freien, sommerlich unbeschwert.
„DDR-Frauen sahen sich nicht als Objekt“, schreibt der Maler und ehemalige Verbandsvorsitzende Willi Sitte in seinem stellenweise recht ostalgischen Vorwort. Bei allen Unterschieden zwischen den einzelnen Fotografen zeigen die Bilder tatsächlich meist Frauen „frei von Zwängen und Fesseln, von Ängsten und Sorgen“, die aus einer längst vergangenen Epoche zu kommen scheinen.


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Dian Hanson: The Big Book of Legs

Nach Penis und Brüsten widmen der Taschen-Verlag und seine Bildchefin Dian Hanson einem weiteren Körperteil ein kiloschweres Werk: Das Big Book of Legs sammelt schöne Bilder und lesenswerte Texte zum weiblichen Bein, ohne dabei Fuß, Nylons und High-Heels zu vernachlässigen. Fast alle Fotos stammen aus den 20er- bis 60er-Jahren, ihre Stars sind die Burlesque-Legende Bettie Page und der Fotograf Elmer Batters.
Im Vergleich zu heutigen Porno- oder Softcore-Fotos zeigen sich vor allem die aus den 50er- und 60er-Jahren auf eine etwas unbeholfene, frische Art verrucht und obszön; man sieht ihnen an, dass sie aus einer bestenfalls halblegalen Grauzone kamen und nur heimlich angeschaut wurden. Statt ein Repertoire immer gleicher Formel-Posen und fixer Schönheitsideale abzurufen, experimentierten die Fotografen mit ihren Modellen und kamen zu teils überraschenden, teils seltsamen und teils großartigen Bildern.
Apropos überraschend: Wussten Sie, dass die Nazis feindliche Soldaten mit (gut gemachten!) Pin-up-Flugblättern demoralisieren wollten? Eine wahre Fundgrube, dieses Buch.


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Frannie Adams: Pussy Portraits

Das Konzept ist einfach, aber faszinierend: Auf jeder Doppelseite porträtiert Frannie Adams eine Frau auf zwei Bildern. Das linke könnte als Passfoto durchgehen – frontale Blicke auf freundliche, junge Gesichter, Bilder, die sich in Ausschnitt, Licht und Hintergrund kaum unterscheiden.
Rechts daneben zeigt eine Nahaufnahme die Vulva dieser Frauen. Unweigerlich stellt man Bezüge her zwischen Augen, Lippen, Labien, Klitoris, so wie man sonst ein Gesicht mit der Figur, der Kleidun oder dem Gang verbindet. Adams‘ Behauptung, man könne keine zwei gleich aussehenden Vulven finden, belege die Fotos wunderbar. Jean-Christophe Ammann spricht im Vorwort von eine Lehrbuch der Physiognomie – tatsächlic ähnelt der sachlich-neugierige Blick auf das weibliche Geschlecht eher dem des Forschers als dem des Pornografen.
Vergleiche mit Grit Scholz‘ „Tor ins Leben“ drängen sich auf. Doch wo Scholz gewaltsam versucht, die Vulva aus dem sexuellen in einen Naturzusammenhang zu rücken, lässt Adams den Betrachter mit dem Naturwunder des Geschlechtlichen allein. Ein Buch, das zum genauen Hinschauen anstiftet.


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Thomas Karsten: Heat

Zum dritten Mal nach „She“ und „Days of Intimacy“ widmet Thomas Karsten, Deutschlands meist publizierter Aktfotograf, ein ganzes Buch einer einzigen Frau. Dennoch ist „Heat“ auch für ihn eine Premiere, denn anders als ihre beiden Vorgängerinnen teilt Bianca mit Karsten nur die Beziehung zwischen Fotograf und Modell. Die 22-jährige Deutsch-Spanierin ist ei großartiges Modell. Mühelos wechselt sie von mädchenhafter Koketterie und sympathischer Fröhlichkeit zu jener hitzigen Fraulichkeit, die dem Buch den Titel gibt. Vom Gesicht Angelina Jolie nicht unähnlich,
fangen die teils in Farbe, teils in Schwarzweiß gehaltenen Bilder mit der selben Hingabe ihren knabenhaft schlanken, beweglichen Körper ein. Eine Stärke Karstens ist, dass er nicht ständig „alles“ zeigen muss, um die sinnliche Ausstrahlung seiner Modelle einzufangen. Selbst die Porträts, mit denen er sich bisweilen begnügt, verzaubern – und vielleicht hat dieser Bildband seine erotischsten Momente dann, wenn er seinem Modell noch ein paar Geheimnisse belässt.


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Playboy: The Complete Centerfolds

Der Geistesblitz, ein Ausklappfoto mit einem Akt der aufstrebenden Marilyn Monroe in die Mitte seiner neuen Zeitschrift zu heften, machte 1953 vielleicht den kleinen Unterschied zwischen dem Playboy und all den längst vergessenen Lifestyle-Magazinen von damals. Damit schuf Herausgeber Hefner Amerikas sinnenfrohen, üppigen, flirtenden Beitrag zur erotischen Kunst; europäische Dekadenz oder pornografische Derbheit schimmern über all die Jahre höchstens als leise Anspielung  durch. Bei aller Beständigkeit spiegelt die in der zweiten Auflage bis 2007 aktualisierte Sammlung von Centerfolds die Zeitläufe: von der Biederkeit der späten 50er über die entspannte Natürlichkeit um 1970 bis hin zu immer aufwendigeren Inszenierungen. Erst seit den frühen 70ern zeigt der Playboy das magische Dreieck. Kopf- und Schamhaarmoden sowie Fortschritte de plastischen Chirurgie und der Bildbearbeitung haben ihre Spuren hinterlassen – allzu oft auf Kosten der Seele der Bilder. Und gerade wer mit dem Playboy-Stil der letzten zwanzig Jahre nichts anfangen kann, darf hier in sinnlicher Nostalgie schwelgen.