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Alina Reyes: Verlangen und Vergeltung

Das schmale Hardcover-Bändchen versammelt zwei Erzählungen der derzeit vielleicht wichtigsten Autorin erotischer Literatur – falls man ihren Texten dieses Etikett aufkleben möchte. Denn Ausschweifungen, Romanzen, sexuelle Abenteuer spielen bei Alina Reyes keine Rolle: Ihr geht es um die Erkundung der eigenen Sexualität, den Weg nach innen. Besonders radikal verfolgt diesen Ansatz die erste, ältere Erzählung, bei der eine Frau alle Brücken hinter sich abbricht, um in ihrer eigenen Lust, in ihrer eigenen Vulva zu verschwinden. Ganz zwanglos driftet Reyes dabei zusammen mit ihrer Hauptfigur ins Phantastische.
Die zweite Geschichte, bei der sich eine junge Frau für ihre Vergewaltigung rächt, bleibt gerade noch auf dem Boden der Realität. Doch auch hier dringt die Außenwelt nur wie durch einen allegorischen Filter in das Seelen- und Sinnenleben der Erzählerin ein, während im Hintergrund der Mythos von der Frau und ihrer Sexualität als personifizierte Natur anklingt. Die bildliche und klare Sprache schafft es dabei, intimste Dinge ohne Scham und ohne Voyeurismus zu beschreiben. Ein außergewöhnliches Buch!

Autor: Herbert Braun

Mitherausgeber des Feigenblatt Magazin und sowas wie der Chefredakteur.

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